Es sollte jemand ins Ausland (nach Deutschland) fahren

Wir merkten nun deutlich, dass sich uns immer mehr Schwierigkeiten näherten. Und uns wurde immer mehr klar, dass von den leitenden Brüdern im Werke Gottes in Russland jemand ins Ausland müsse. Unser Schicksal würde wohl immer schwieriger werden. Falls auch noch der Postverkehr abgeschnitten würde, müsste jemand von uns dort, wir dachten vor allem an Deutschland, unsere Not bekunden. Es war so wichtig, dass die Gläubigen unser und unserer Not gedachten.

Als ich als erster für die Reise vorgeschlagen wurde, lehnte ich ab. Ich schlug zwei andere Brüder vor. Einer davon war kinderlos, die Kinder des anderen waren erwachsen, und sie konnten die Familie gut ernähren. So gern ich auch nach Deutschland und eventuell in andere Staaten gefahren wäre, so unmöglich schien es mir. Der Herr hatte mir meine geistliche Brüder und Schwestern sehr aufs Herz gelegt. Weil ich die Enge, in die wir immer mehr hineingetrieben wurden, deutlich sah, war es mir fast unmöglich, mich von ihnen abzuwenden und sie in ihrem Ringen allein zu lassen.

Öfter kam mir der Gedanke: Wenn der Allmächtige, der doch alles in seiner Hand hält und der alles weiß, was uns zum Besten dient, mich zur Fahrt ins Ausland bestimmt hat, würde er es mir kundtun. Ich würde seinen Willen für mich daraus erkennen, wenn meine Frau, ohne dass ich ihr davon etwas sage, darauf dringen würde, dass ich fahren soll. Dieses erwartete ich natürlicherweise von ihr nicht, da wir die kleinen Kinder hatten. Außerdem hatte ich schon vor der Hochzeit gesagt, dass uns nie eine Grenze trennen sollte. Ich war überzeugt, sie würde nicht einwilligen, dass ich ins Ausland fahren sollte.

Als meine Frau erfuhr, dass auch in der Pfingstwoche 1928 in unserer Zusammenkunft mit den Brüdern über die Auslandsfahrt nichts Bestimmtes beschlossen worden war, wurde sie sehr nachdenklich. Auch berührte sie es stark, dass die beiden zur Fahrt vorgeschlagenen Brüder abgesagt hatten. Sie sah im voraus, was über die Gläubigen in Russland kommen könne. Eines Tages sagte sie zu mir, dass sie sich entschlossen habe, dieses Opfer für die Sache Gottes und um der Unterdrückten willen zu bringen.

Bis dahin waren es nur Schreckschüsse. Aber wir spürten, wie man nach der Verfolgungswaffe griff. So manch einer, Männer und Frauen, die am Evangelium arbeiteten, hatten doch schon die Geißel der Verfolgung durch die Gottlosen verspürt.