Wieviel Hindernisse müssen überwunden werden, wenn wir zum Gnadenthron kommen wollen?!
Ja, in der Tat, es gibt deren viele. Der Teufel will nicht, dass wir beten, und versucht alles, uns daran zu hindern. Er weiß, dass wir durchs Gebet mehr fertigbringen können als durch unsere Arbeit. Er lässt uns lieber alles Mögliche tun, als dass er uns beten lässt.
Mächte hindern unsern Weg,
Die an Kraft uns überlegen;
Unsichtbar auf Weg und Steg
Stehn sie feindlich uns entgegen.
Aber wir brauchen sie weder zu fürchten noch uns mit ihnen herumzuschlagen, wenn unsere Augen nur auf den Herrn gerichtet sind. Die heiligen Engel sind stärker als die gefallenen, und wir können es getrost den himmlischen Heerscharen überlassen, uns zu schützen. Wir glauben, dass die teuflischen Heerscharen an unseren abschweifenden Gedanken schuld sind, die so oft unsere Gebete zum Scheitern bringen. Kaum knien wir nieder, so werden wir an etwas erinnert, das getan werden sollte, oder nach dem wir noch vorher sehen sollten.
Diese Gedanken kommen von außerhalb und sind meistens Einflüsterungen teuflischer Geister. Das einzige Heilmittel gegen abschweifende Gedanken ist, unsere Sinne fest auf den Herrn zu richten. Gebet gehört zu einem Gotteskind – und zu jedem, der so leben will, wie ein Gotteskind leben sollte.
Die große Frage ist: Beherberge ich irgendwelche Feinde meines Gebetslebens in meinem Herzen? Sind in mir Verräter? Gott kann uns seine besten geistlichen Gaben nicht geben, bevor wir nicht die Voraussetzungen für Vertrauen, Gehorsam und Dienst erfüllen. Bitten wir nicht oft um Segnungen, zu deren Empfang wir nicht bereit sind? Wagen wir ehrlich gegen uns selbst zu sein, wenn wir allein in der Gegenwart Gottes sind? Wagen wir aufrichtig zu sagen: „Erforsche mich Gott ... und siehe ...?“ Ist etwas in uns, das Gottes Segen in uns und durch uns hindert? Wir diskutieren über das „Problem des Gebets“; aber wir selbst sind das Problem, über das diskutiert und das zergliedert werden müsste! Das Gebet ist schon in Ordnung! Für ein Herz, das sich ganz auf- richtig auf Gott verlässt, gibt es keine Gebetsprobleme.
Wir möchten jetzt nicht die vertrauten Bibeltexte zitieren, die zeigen, wodurch unser Gebet gehindert wird. Vielmehr ist es einfach unser Wunsch, dass ein jeder einen Einblick in sein eigenes Herz bekommt. Keine Sünde ist zu klein, um nicht unser Gebet zu hindern, wenn wir nicht bereit sind, ihr abzusagen. Die Moslems in Westafrika haben das geflügelte Wort: „Wo keine Reinheit ist, ist auch kein Gebet; und wo kein Gebet ist, kann man auch kein Himmelswasser trinken“. Diese Wahrheit wird in der Heiligen Schrift so klar gelehrt, dass es wirklich verwunderlich wäre, wenn jemand versuchen wollte, beides, Sünde und Gebet, beibehalten zu wollen. Schon David bekannte in alter Zeit: „Wo ich Unrechtes vorhätte in meinem Herzen, so würde der Herr mich nicht hören“ (Ps. 66,18). Jesaja sagt: „Eure Verschuldungen scheiden euch von eurem Gott, und eure Sünden verbergen sein Antlitz vor euch, dass ihr nicht gehört werdet“ (Jes. 59,2). Sicher müssen wir alle zugeben, dass es die Sünde in uns ist, die unsere Gebete hindert, und nicht etwa mangelnde Bereitschaft Jesu, unsere Gebete zu erhören. Meistens ist es eine sogenannte kleine Sünde, die unser Gebetsleben verdirbt und zerstört. Das mag sein:
1. Zweifel. Unglaube ist vielleicht das Haupthindernis für das Gebet. Unser Herr sagt, dass der Heilige Geist die Welt von der Sünde überführen wird, – „der Sünde, dass sie nicht an mich glauben“ (Joh. 16,9). Wohl sind wir nicht von der Welt, aber ist in der Praxis nicht doch viel Unglaube in uns? Jakobus, der an Gläubige schreibt, sagt: „... er bitte im Glauben und zweifle nicht; denn wer zweifelt ... denke nicht, dass er etwas vom Herrn empfangen werde“ (Jak. 1,6-8). Manche haben nicht, weil sie nicht bitten. Andere haben nicht, weil sie nicht glauben. Doch werden nicht ganz gewiss, wenn wir einen Blick auf die herrliche Majestät unseres Herrn und in die Wunder seiner Gnade und Liebe tun, unser Unglaube und unsere Zweifel vergehen wie der Nebel vor der aufgehenden Sonne? War das nicht der Grund dafür, dass Abraham „nicht wankte“, „nicht zweifelte durch Unglauben“, sondern Gott die Ehre gab, die seinem Namen gebührte, und deshalb „wusste aufs allergewisseste: was Gott verheißt, das kann er auch tun“ (Röm. 4,20-21)? Wenn man von Gottes erstaunlicher Liebe so viel weiß wie wir, ist es da nicht verwunderlich, dass wir überhaupt noch zweifeln können?
2. Weiter kann es das Ich sein – die Wurzel aller Sünde. Wie neigen wir dazu, selbst bei unseren „guten Werken“, so selbstsüchtig zu sein! Wie sehr zögern wir etwas aufzugeben, nach dem unser Ich verlangt! Und doch wissen wir, dass eine volle Hand die Gaben Christi nicht nehmen kann. Hat uns deshalb unser Heiland in dem Gebet, das er uns zuletzt lehrte, mit allen anderen verbunden? „Unser“ ist das erste Wort: „unser Vater ...“, „gib uns ...“, „erlöse uns ...“.
Stolz hindert das Gebet, denn Beten ist eine sehr demütige Sache. Wie hassenswert muss der Stolz in Gottes Augen sein! Gott bietet uns doch alles reichlich dar, was wir genießen. „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“, fragt Paulus in 1.Kor. 4,7. Müssen wir uns nicht unter allen Umständen davor hüten, dass Stolz und sei- ne hassenswerte, garstige Schwester Eifersucht unser Gebetsleben ruinieren? Gott kann viele große Dinge, die uns erfreuen würden, nicht für uns tun, wenn sie uns den Kopf verdrehen. Wie töricht können wir doch sein! Manchmal, wenn wir nicht nachlassen, gibt uns Gott, um was wir bitten; doch kann es auf Kosten unserer Heiligung gehen: „Er gab ihnen, was sie erbaten, und sandte ihnen genug, bis ihnen davor ekelte“ (Ps. 106,15).
Gott möge uns davor bewahren, er möge uns vor uns selbst bewahren! Und dann noch einmal: Das Ich zeigt sich vor allem in der Kritik an anderen. Möge dieses Wissen tief in unseren Sinn eingeprägt sein: Je christusähnlicher ein Mensch wird, desto weniger wird er andere richten. Menschen, die immer andere kritisieren, sind von Christus abgekommen. Sie mögen noch sein eigen sein, aber sie haben seinen Geist der Liebe verloren. Lieber Leser, wenn du eine kritische Natur hast, so setze deine Kritik bei dir und nicht bei deinem Nächsten an. Da hast du genug Spielraum und wirst nie arbeitslos werden! Meinst du, das sei eine zu harte Bemerkung? Verrät sie vielleicht die Neigung, selbst die Sünde zu begehen – und es ist eine Sünde – die sie verdammt? Dies könnte so sein, wenn es ein persönlicher Angriff gegen jemand wäre. Aber der Zweck ist ja, den undurchdringlich scheinenden Panzer zu durchdringen. Niemand, der auch nur einen Monat versucht hat, seine Zunge davor zu bewahren, den Ruf anderer Leute zu verletzen oder zu stehlen, wird sich je wieder danach sehnen, andere zu verleumden. „Die Liebe ist langmütig und freundlich“ (1.Kor. 13,4). Sind wir das?
Wir werden dadurch nicht besser, wenn wir andere Leute in schwärzeren Farben malen als uns selbst. Aber – leider geschieht es selten genug – wir erhöhen unsere eigene geistliche Freude und unser eigenes lebendiges Zeugnis für Christus dadurch, dass wir uns weigern, herabsetzende Informationen über andere weiterzusagen oder uns enthalten, über Werk und Leben anderer Leute zu urteilen. Am Anfang mag uns das schwerfallen, aber bald bringt es uns ungeahnte Freude und wird durch die Liebe unserer Umgebung belohnt. So mag es uns manchmal schwerfallen, im Blick auf moderne Ketzereien Stillschweigen zu bewahren. Ist es uns nicht gesagt, „für den Glauben zu kämpfen, der ein für allemal den Heiligen übergeben ist“ (Jud. 3)? Manchmal müssen wir reden – aber lasst es immer im Geist der Liebe geschehen. Lieber lasst den Irrtum leben als die Liebe sterben.
Auch in unseren Gebeten müssen wir das Fehlerfinden an anderen strikt vermeiden. Lasst uns doch einmal die Geschichte von John Hyde lesen, als er für den „kalten“ Bruder betete. Glaubt mir, Kritikgeist zerstört die Heiligung unseres Lebens leichter als sonst irgend etwas, weil er eine in hohem Maße respektable Sünde ist, der wir so leicht zum Opfer fallen. Es ist kaum nötig hinzuzufügen, dass ein Gläubiger, wenn er mit dem Geist Christi – und damit mit Liebe – erfüllt ist, anderen nie vom unchristlichen Benehmen seiner Freunde erzählen wird. „Er war sehr grob zu mir“, „er ist zu eingebildet“, „ich kann den Menschen nicht ausstehen“ und ähnliche Bemerkungen sind unfreundlich, unnötig und oft unwahr.
Unser Herr erlitt den Widerspruch der Sünder gegen sich, aber er beklagte sich nie, noch ließ er sich bei anderen darüber aus. Warum sollten wir das tun? Unser Ich muss entthront werden, wenn Christus die Oberherrschaft haben soll. Es dürfen keine Götzen in unserem Herzen sein. Erinnern wir uns, was Gott von einigen religiösen Führern sagte: „Diese Leute hängen mit ihrem Herzen an ihren Götzen ...; sollte ich denn ihnen antworten, wenn sie mich fragen?“ (Hes. 14,3).
Wenn allein Gottes Ehre unser Ziel ist, dann kann Gott unsere Gebete erhören. Christus selbst und nicht seine Gaben sollten unser Begehren sein. „Habe deine Lust am Herrn; der wird dir geben, was dein Herz wünscht“ (Ps. 37,4).
„Ihr Lieben, wenn uns unser Herz nicht verdammt, so haben wir Zuversicht zu Gott, und was wir bitten, werden wir von ihm empfangen; denn wir halten seine Gebote und tun, was vor ihm wohlgefällig ist“ (1.Joh. 3,21-22).
Heute gilt es genau so wie in den ersten Tagen der Christenheit, dass Menschen bitten und darum nichts empfangen, weil sie übel bitten, nämlich, weil sie‘s für ihre Gelüste vergeuden wollen, d.h. ihrem Ich leben (Jak. 4,3).
3. Lieblosigkeit kann eines der größten Gebetshindernisse sein. Der Geist der Liebe ist eine Voraussetzung für gläubiges Gebet. Unmöglich kann unser Verhältnis zu Gott in Ordnung sein, wenn unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen nicht in Ordnung ist. Der Geist des Gebets ist im Wesentlichen ein Geist der Liebe.
Wer recht liebt, der kann recht beten!
Gott liebt alle, groß und klein.
Soll dein Bitten Gnade finden,
Muss ihm gleich dein Lieben sein.
Wagen wir es, Menschen zu hassen oder zu missachten, die Gott liebt? Und wenn wir das tun, können wir dann wirklich Christi Geist haben? Wir müssen diesen grundlegenden Tatsachen unseres Glaubens ins Auge sehen, wenn unsere Gebete mehr sein sollen als eine bloße Form. Unser Herr sagt nicht nur: „Liebt eure Feinde“, – tun wir das? – sondern er sagt auch: „Bittet für die, die euch verfolgen ... damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel“ (Mt. 5,44-45).
Wir wagen anzunehmen, dass eine große Zahl sogenannter Christen nie über diese Frage nachgedacht hat. Wenn man hört, wie viele – selbst hervorragende – Reichsgottesarbeiter über andere sprechen, so kann man nur nachsichtigerweise annehmen, sie hätten dieses Gebot unseres Herrn nie gehört!
Unser Alltagsleben ist der beste Erweis unserer Gebetskraft. Gott behandelt unsere Gebete nicht nach Geist und Ton, den wir bei unseren öffentlichen oder privaten Gebeten zur Schau tragen, sondern nach dem Geist, der unser Alltagsleben beherrscht.
Hitzige Leute können nur frostige Gebete hervorbringen. Wenn wir dem Gebot unseres Herrn nicht gehorchen und einander lieben, so sind unsere Gebete beinahe wertlos. Wenn wir in Unversöhnlichkeit verharren, so ist unser Beten fast verschwendete Zeit. Sogar vom angesehenen Dekan einer Kathedrale wurde vor kurzem berichtet, er sollte gesagt haben, dass es manche Leute gäbe, denen man nie vergeben könne! Wenn dem so ist, dann glauben wir, dass er eine abgekürzte Form des Vaterunsers verwendet. Christus lehrt uns zu beten: „Vergib uns ... wie wir vergeben“. Und er geht sogar noch weiter. Er erklärt: „Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Übertretungen auch nicht vergeben“ (Mt. 6,15). Wir hoffen, dass über diesen ehrwürdigen Dekan unrichtig berichtet wurde. Mögen wir immer den Geist Christi zeigen und nicht unsere eigene, so sehr benötigte Vergebung aufs Spiel setzen. Wie viele unserer Leser, die nicht im Geringsten die Absicht haben, ihren Feinden zu vergeben, ja nicht einmal ihren Freunden, die sie verletzt haben, mögen trotzdem heute das Gebet des Herrn beten?
Manche Christen haben dem Gebet nie eine wirkliche Chance in ihrem Leben eingeräumt. Das mag nicht aus bewusster Unaufrichtigkeit geschehen, sondern aus mangelndem Nachdenken. Die Verantwortung dafür liegt bei denen unter uns, die predigen und lehren. Wir sind eher geneigt, Lehren zu verkündigen als Taten. Die meisten Leute wollen tun, was recht ist. Aber sie beachten mehr die großen Dinge, als dass sie auf die kleinen Versäumnisse im Leben der Liebe achten.
Unser Herr geht sogar soweit, dass er sagt, wir sollen ihm nicht einmal unsere Gaben bringen, wenn wir ein- gedenkt werden, dass unser Bruder „etwas gegen uns habe“ (Mt. 5,23). Wenn er unsere Gaben nicht annehmen will, wird er dann wohl unsere Gebete annehmen? Erst als Hiob aufhörte, mit seinen Feinden (die Bibel nennt sie seine Freunde) zu streiten, „wandte der Herr sein Gefängnis“ und gab ihm doppelt so viel, wie er gehabt hatte (Hiob 42,10).
Wie träge und unwillig sind wir einzusehen, dass oft gerade unser Leben unsere Gebete hindert! Wie fehlt es an der Bereitschaft, im Geist der Liebe zu handeln! Ja, wir mögen den Wunsch haben, Menschen zu gewinnen. Unser Herr zeigt uns einen Weg dazu. Sage nicht überall, was dein Nächster Unrechtes tut. Sprich mit ihm allein, und „du hast deinen Bruder gewonnen“ (Mt. 18,15). Die meisten von uns haben statt dessen ihren Brüdern Leid zugefügt.
Selbst unser Familienleben kann unsere Gebete verhindern. Lasst uns darauf achten, was Petrus darüber sagt, wie wir in unseren Familien leben sollen, „auf dass unsere Gebete nicht verhindert werden“ (1.Petr. 3,1-10). Wir möchten unsere Leser ermuntern Gott zu bitten, ihr Herz zu prüfen und ihnen zu zeigen, ob nicht eine „bittere Wurzel“ gegen jemand in ihnen sei. Wir wollen doch alle tun, was Gott gefällig ist. Es würde ein ungeheurer Gewinn für unser geistliches Leben sein, wenn wir uns entschließen könnten zu versuchen, nicht zu beten, bevor wir nicht alles getan haben, was in unseren Kräften steht, um Frieden und Harmonie herzustellen zwischen uns und denen, mit denen wir uns gestritten haben. Bevor wir das nicht tun, soweit wir es vermögen, ist unser Beten wie ein nichtiger Hauch. Unfreundliche Gefühle gegen andere hindern Gott uns zu helfen, wie er es möchte.
Ein Leben voller Liebe ist die wesentliche Voraussetzung für gläubiges Gebet. Gott ruft uns heute aufs Neue Menschen zu werden, die bereit sind, seine unermesslichen Segnungen zu empfangen. Manche von uns müssen sich entscheiden, ob sie einen bitteren, unversöhnlichen Geist oder die zarte Barmherzigkeit und Liebenswürdigkeit unseres Herrn Jesus Christus wählen wollen. Ist es nicht verwunderlich, dass jemand zwischen zwei Meinungen schwanken kann, wenn es um eine solche Wahl geht? Denn Bitterkeit schadet dem Bitteren mehr als sonst etwas.
„Wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemand habt, damit auch euer Vater im Himmel euch vergebe eure Übertretungen“ (Mk. 11,25). So sagt unser Meister. Müssen wir da nicht entweder vergeben oder aufhören zu beten? Was soll dabei herauskommen, wenn jemand sich vornimmt, alle Zeit zum Gebet zu verwenden, aber zugleich Lieblosigkeit im Herzen trägt, die wirkliches Gebet verhindert? Wie lacht der Teufel über uns, weil wir diese Wahrheit nicht erkennen!
Gottes Wort sagt uns, dass Beredsamkeit, Wissen, Glaube, Freigebigkeit und selbst Märtyrertum uns gar nichts nützen, – lasst uns das wohl beachten – wenn unsere Herzen nicht voll Liebe sind (1.Kor. 13). Gott gebe uns Liebe!
4. Wenn wir das Unsere nicht tun, so mag das für Gott ein Hindernis sein, unsere Gebete zu erhören. Liebe ruft Mitleid und Dienstbereitschaft hervor, der Sünde und dem Leid zu begegnen, sowohl im eigenen Land als auch in fernen Ländern – geradeso wie das Herz des Paulus „bewegt“ und „entrüstet“ wurde, als er die Stadt voller Götzenbilder sah (Apg. 17,16). Wir können nicht aufrichtig beten: „Dein Reich komme“, wenn wir nicht alles tun, was wir können, um das Kommen dieses Königreiches zu beschleunigen, – sei es durch unsere Gaben, unsere Gebete oder durch unseren Dienst.
Unser Gebet für die Bekehrung Gottloser kann nicht aufrichtig sein, wenn wir nicht bereit sind zum Zeugnis oder zum Schreiben eines Briefes, oder zu versuchen, die Gottlosen unter den Einfluss des Evangeliums zu bringen. Als Moody einst einen Missionsfeldzug beginnen wollte, war er zuvor in einer Gebetsversammlung, wo man Gott um seinen Segen für diese Arbeit bat. Auch einige reiche Männer waren dabei. Einer begann darum zu beten, dass Gott die erforderliche Mittel schenken möge, damit die entstehenden Auslagen bestritten werden könnten. Moody ließ ihn sofort aufhören. „Es ist nicht nötig, dass wir Gott damit belästigen“, sagte er ruhig, „denn wir können dieses Gebet selbst erhören“.
5. Wenn wir nur im Verborgenen beten wollen, so kann das ebenfalls ein Hindernis für die Erhörung unserer Gebete sein. Es ist doch auffällig, wie oft unser Herr auf das gemeinsame Gebet hinweist – das „Einswerden“ im Gebet. „Darum sollt ihr also beten: Unser Vater ...“; „Wo zwei unter euch eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt. 18,19-20).
Wir empfinden sicher, dass die Schwäche im geistlichen Leben vieler Gemeinden daher kommt, dass sie kraftlose oder gar keine Gebetsversammlungen haben. Morgen- und Abendgottesdienste, auch wenn sie noch so feierlich und ohne die manchmal vorhandene unschöne Hast sein mögen, können weniger formelle Gebetszusammenkünfte nicht ersetzen, bei denen sich jeder am Gebet beteiligen kann. Können wir die wöchentlichen Gebetszusammenkünfte nicht zu einer Lebensgewohnheit und zu einer lebendigen Kraft machen?
6. Das Lob Gottes ist so wichtig wie das Gebet! Wir sollen zu seinen Toren eingehen mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben; „Danket ihm, lobet seinen Namen“ (Ps. 100,4).
Zu einer gewissen Zeit seines Lebens fühlte sich der „betende Hyde“ gedrungen Gott zu bitten, ihm täglich vier Seelen durch seinen Dienst zu schenken. Wenn an einem Tag diese Zahl nicht voll war, legte sich eine solche Last auf sein Herz, dass es ihn wirklich schmerzte und er weder essen noch schlafen konnte. Im Gebet bat er dann den Herrn ihm zu zeigen, was das Hindernis in ihm sei. Er erkannte klar, dass es der Mangel an Lob Gottes sei. Er sagte, dass, als er aufrichtig Gott zu loben begann, auch suchende Seelen zu ihm kamen. Wir wollen damit nicht andeuten, dass auch wir Gott auf bestimmte Zahlen oder Arbeitsweisen festlegen sollten. Aber auch wir sollten rufen: „Freuet euch! Lobet Gott mit Leib, Seele und Geist!“ Es ist kein Zufall, dass wir so oft aufgerufen werden: „Freuet euch in dem Herrn!“ Gott will keine unglücklichen Kinder, und keines seiner Kinder hat Grund zum Trübsinn. Paulus, der am meisten verfolgte Mensch, war ein Mann des Gesangs. Loblieder kamen von seinen Lippen, im Gefängnis und aus dem Gefängnis. Tag und Nacht lobte er seinen Heiland. Schon die Anordnung seiner Ermahnung ist bezeichnend: „Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch“ (1.Thess. 5,16-18). – Der Wille Gottes. Wir wollen das bedenken! Es ist uns nicht freigestellt. Seid fröhlich! Betet! Seid dankbar! – das ist die Ordnung nach Gottes Willen für dich und mich. Nichts gefällt Gott mehr als unser Lob und durch nichts wird der Beter mehr gesegnet als durch den Lobpreis Gottes!
„Habe deine Lust am Herrn; der wird dir geben, was dein Herz wünscht“ (Ps. 37,4).
Ein Missionar, der sehr schlechte Nachricht von zu Hause erhalten hatte, war sehr niedergeschlagen. Das Gebet half nicht, die Dunkelheit der Seele zu vertreiben. Er ging aus, um einen anderen Missionar zu besuchen. Ohne Zweifel wollte er dort Trost finden. Dort fand er an der Wand eine Spruchkarte: „Versuche es mit Danksagung!“ Er befolgte das, und in einem Augenblick verschwanden alle Schatten und kehrten nie zurück. Loben wir genug, um Gebetserhörungen erfahren zu können? Wenn wir ihm wirklich vertrauen, werden wir ihn allezeit preisen. Denn:
Was Gott auch tut und lässt geschehn –
Nie würdst du’s anders tun,
Könntst du, wie er, das End nur sehn
Von Gottes heil’gem Tun.
Einer, der einst Luther hörte, sagte: „Barmherziger Gott! Welch ein Geist und welcher Glaube spricht aus seinen Worten. Er bittet Gott mit solcher Ehrfurcht, als ob er in Gottes Gegenwart wäre, und zugleich mit solch fester Hoffnung und solchem Vertrauen, als ob er sich an einen Vater oder Freund wenden würde“. Bei diesem Gottesmann schien es keine Gebetshindernisse zu geben.
Nach allem Gesagten können wir alles in einem Satz zusammenfassen. Alle Gebetshindernisse entspringen der Unkenntnis über die Lehre des Wortes Gottes in bezug auf ein Leben der Heiligung, das Gott für alle seine Kinder geplant hat, oder der mangelnden Bereitschaft, uns ihm völlig zu weihen. Wenn wir wahrhaftig zu unserem himmlischen Vater sagen können: „Alles, was ich bin und habe, gehört dir“, dann kann er zu uns sagen:
„Alles, was mein ist, ist dein!“
(Ein Auszug aus dem Buch „Der kniende Christ“)