Ein Bild des alten Menschen

Autor

Lassen wir unseren Blick über das gesamte Werk Christi schweifen, wie es sich von Anfang an offenbart hat, so sehen wir eine Fülle von Kraft und Energie. Welch ein gewaltiges Werk! Ein großer Teil der heidnischen, götzendienerischen Menschheit wurde mit christlichen Grundsätzen durchdrungen. Das Evangelium Christi hat sich als ein Mittel erwiesen, das imstande ist, alle Probleme des sittlichen und bürgerlichen Lebens in befriedigender Weise zu lösen. Paulus sagt nicht zuviel, wenn er schreibt: „Ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben“ (Röm. 1:16). Viele haben das heute noch nicht erkannt und erfasst, und zwar nicht nur Weltmenschen und Namenchristen, sondern auch solche Christen, die von sich erkennen lassen, dass sie es ernster nehmen. Liegt das am Evangelium und am völligen Erlösungswerk? Nimmermehr! Die Wurzel aller Mängel ist nicht im Evangelium, sondern ganz woanders zu suchen. Neben dem Teufel und seinen Helfershelfern möchte ich hier ein ganz besonderes Hindernis, einen nicht zu unterschätzenden Feind ins Licht rücken: den alten Menschen oder das eigene Ich. Paulus hatte die Größe dieses verderbenbringenden Feindes wohl erkannt. Deswegen erwähnt er ihn öfters in seinen Briefen. In Eph. 4,22 lesen wir: „So leget nun von euch ab, was den früheren Wandel betrifft, den alten Menschen, der durch die trügerischen Lüste zugrunde geht“.
Über den alten Menschen wird weit und breit eine irrige Meinung vertreten. Sogar ernste Christen sagen, man könne selbst durch das Erlösungswerk Christi vom Wesen des alten Menschen in diesem Leben nie frei werden. So ist man eher geneigt, anstatt dem klaren Bibelwort, jener Legende vom Gericht über den alten Menschen zu glauben: Mit großer Mühe hatte man den alten Mensch gefangen und nach gründlichem Verhör zum Tode verurteilt. Als aber der Tag der Urteilsvollstreckung herankam, fand man, dass er wieder geflüchtet war. Somit lebt er heute noch und treibt sein verderbliches Wesen weiter unter allen Christen.
Gott sei Dank, dass dies nur eine menschliche Legende ist, die keinerlei biblische Grundlage besitzt! Wahr ist es: Die große Masse derer, die sich Christen nennen, bekennt, dass der alte Mensch in ihnen wohnt und thront. Nichtsdestoweniger zeigt uns die Bibel den Weg der Befreiung von ihm durch das Blut Christi. Gelobt sei Gott, von Anfang des christlichen Zeitalters an hat es immer Christen gegeben, die eine völlige Erlösung auch vom alten Menschen bezeugen konnten. Werden nun viele Kinder Gottes und die große Masse der Christusbekenner von diesem verderblichen Wesen nicht frei, so liegt es einesteils an unklar verkündigter Bibellehre, andernteils am Willen jedes Einzelnen. Wenn Paulus schreibt: „Ziehet den alten Menschen mit seinen Werken aus“, so meint er, was er sagt. Dieses Ausziehen des alten Menschen ist gleichbedeutend mit „etwas Schlechtes von sich werfen“. Die meisten sind im Unklaren über sich selbst. Sie wissen nicht, was sie alles vom alten Menschen an sich haben, und wie sie ihn sogar lieben und behalten wollen. Anstatt ehrlich mit sich selbst zu sein und vor Gott und Menschen offen zuzugeben, dass alles Unreine an ihnen vom alten Menschen stammt, entschuldigt man sich nur zu gern mit guten Worten. Nervosität, Krankheit und vieles andere wird vorgeschoben. Dem schwarzen alten Menschen zieht man lieber ein weißes Kleid an, als dass man ihn für schlecht anerkennt, ihn tötet, ihn auszieht und von sich wirft. Die meisten christlichen Lehrer und Prediger haben deswegen manche herrliche Grundsätze der biblischen Lehre über das volle Heil fallen lassen und räumen dem alten Menschen in der Versammlung mancherlei Freiheit ein. Viele nehmen den Mund sehr voll, wenn die Lehre vom Siegesleben über die Sünde, die Einheit der Kinder Gottes als unmöglich erklärt werden soll. Aber die biblische Lehre hat ewigen Grund. Es gibt ein dauerndes Siegesleben über die Sünde, eine völlige Erlösung. Es gibt eine wirkliche, gegenwärtige Einheit der Kinder Gottes. Es gibt eine Offenbarung der Kraft Gottes in Heilung von Krankheiten und in mancherlei Gebetserhörungen. Dass sich nun dieses große Heil Gottes in seiner ganzen Fülle heute nur an verhältnismäßig Wenigen beweist, liegt in der Hauptsache an der Stellung, die jeder persönlich zum alten Menschen und zu Gott einnimmt.
Vom alten Menschen erlangt man keine Befreiung, indem man einfach bekennt, man sei davon frei. Es bedarf einer völligen und tadellosen Selbsterkenntnis. Man muss erst selbst wirklich alles wahrnehmen, was man vom alten Menschen an sich hat. Selbstprüfung kann hier nur ihren Zweck erreichen, wenn sie mit zuverlässiger Ehrlichkeit und ohne jegliche Selbstschonung durch den Geist Gottes durchgeführt wird. Wenn nun viele Kinder Gottes bekennen, durch den Glauben an Jesu Blut Heiligung erlangt zu haben, aber eine Befreiung vom alten Menschen doch nicht festzustellen vermögen, so ist die Selbstprüfung sicherlich nicht ganz ehrlich und rücksichtslos gewesen.
Damit wir den alten Menschen umso besser erkennen, lasst uns nun einige seiner Merkmale beleuchten. Ehe man die Kraft aufbringen kann, etwas, das man besitzt, wegzuwerfen, muss man klar erkennen, dass es schlecht und für uns nur schädlich ist.

Der alte Mensch ist ein kalter Mensch

Christus ist die personifizierte Nächstenliebe. Der alte Mensch ist voll kalter Selbstsucht. Wer mit offenen Augen durchs Leben geht, kann sehen, mit welch eisiger, rücksichtsloser Gesinnung Leute uns begegnen, die in keiner Weise die Ehre Gottes suchen. Wie viele Menschen gibt es heute, die sich aus geschäftlichem oder anderem selbstsüchtigen Beweggrund äußerlich zum Glauben an Christus, oder besser zu einer Versammlung, bekehren. Solche Leute haben kein Interesse an der Erlösung von Seelen. Wahre Sündenerkenntnis, Abkehr von der Sünde, Wiedergutmachen begangenen Unrechts aus Dankbarkeit gegen das erlösende Blut Christi, wahre Selbstauslieferung an Gott mit allem, was man besitzt, und völliges Entbrennen für Gott kann nur dort sein, wo man das kalte, ja eisige und selbstgerechte Herz in seiner Stellungnahme zu Gott und den Menschen als böse erkannt und hassen gelernt hat.

Der alte Mensch nimmt sich in Schutz

Adam sagte: „Das Weib, das du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß“. Das ist ein Zug des alten Menschen. In allen Schwachheiten und Verfehlungen sucht er sich in ein gutes Licht zu stellen. Nur nicht die Schuld bei sich selbst suchen, nein, das will man nicht tun, und einsehen will man auch nichts. Man rechtfertigt sich auf Kosten der Wahrhaftigkeit, Reinheit und Aufrichtigkeit. Wie versteht es der alte Mensch, Tatsachen geschickt zu verdrehen und anderen falsche Beweggründe und Absichten zu unterschieben! Schwierigkeiten unter Versammlungsbesuchern werden auf diese Weise ins Unendliche gezogen. Um aber durch Jesu Blut vom Wesen des alten Menschen erlöst zu werden, ist es nötig, sich ernstlich zu einem Geist und Sinn durchzuringen, der fest ist, sich in keinerlei Weise in Schutz zu nehmen.

Der alte Mensch ist ein argwöhnischer Mensch

Wie zahlreich ist doch die Klasse derjenigen Christusbekenner, die argwöhnisch und demzufolge so leicht angegriffen sind! Weil der alte Mensch so empfindlich ist, liebt man es nicht, ermahnt und aufmerksam gemacht zu werden. Selbst wahre Liebe kann nichts ausrichten, wenn sie versucht, solche Menschen zurechtzuweisen. Überall fühlt man sich zurückgesetzt, selbst wenn es sich in Wirklichkeit um gar keine Zurücksetzung handelt. Man fühlt sich zurückgesetzt, wenn man nicht herangezogen wird, wenn man nicht erwähnt wird. Der alte Mensch vermutet nachteilige und üble Absichten beim andern gegen sich selbst. Dieser argwöhnische, empfindliche und leicht angegriffene Geist wird sich immer beklagen, dass man ihm kein Vertrauen schenkt. Befreiung von diesem nichtsnutzigen alten Menschen gibt es nur, wenn man sich rücksichtslos vom Eingehen auf leicht verletzte Gefühle losreißt. Das allein führt zum Mitsterben mit Christus.

Der alte Mensch erzählt Erlebtes oder Gehörtes in übertriebener Weise weiter

Hiervon können unzählige Beispiele angeführt werden. Man hat etwas gesehen oder gehört – schon ist es einem eine Genugtuung, die betreffende Dinge aufgeblasen, also entstellt, mit gewisser Schadenfreude herumzutragen. Nicht im Geringsten trägt man Leid über die Fehler der andern, man hat auch gar keine Kraft, sie im Gebet dem Herrn darzubringen. An der Besserung derer, die den Fehler begangen haben, hat man kein Interesse. Der wahre Sinn Christi aber erweckt in dem Menschen ein tiefes Bedauern und göttliches Leidtragen, und sofort steigt die Frage auf: „Was kann ich tun, damit die Sache gebessert wird?“

Der alte Mensch ist ein Fehlerfinder

Wir kennen die Aasgeier, die über die Landschaften streichen, um irgendwo etwas Faules oder Totes zu finden. Hat ihr Auge etwas entdeckt, dann fallen sie darüber her. Hundert gute Dinge können in einer Gemeinde vorhanden sein – der alte Mensch seht sie nicht, er will sie nicht sehen. Seine Augen schauen nach etwas Faulem. Das nimmt sein ganzes Interesse in Anspruch. Er ist voller Unreinheit und übler Kritik, ja er ist fähig, in den unschuldigsten und reinsten Dingen etwas „Böses“ zu sehen. Gott bewahre seine Kinder vor Leuten mit solchem Geist! Dieser alte Mensch hat sich’s nur zur Aufgabe gemacht, andere zu reizen. Das feine Apostelwort: „Bauet einer den andern, wie ihr denn tut“ ist Personen mit solchem Geist vollkommen fremd. In ihrer Nähe kann man sich nicht wohl und frei fühlen. – Preis dem Herrn, das Ausgießen der Liebe Gottes in die Herzen der Kinder Gottes durch den Heiligen Geist erlöst uns völlig von solchem Geist!

Der alte Mensch ist ein bitterer Mensch

Er ist unzufrieden, mürrisch und verbittert. Da hat man etwas aus gewissen Gründen gegen gewisse Personen, und das Gemüt ist voll Bitterkeit. Aus jeder Unterhaltung, in der man darauf zu sprechen kommt, klingt die Abneigung und Bitterkeit heraus. Der vergebende Geist fehlt, deswegen kann man nicht vergessen. Wenn solche, die vom alten Menschen regiert werden, doch einmal ans Kreuz schauen möchten und sehen, wie Christus angesichts alles erlittenen Unrechts seine Feinde liebte und sagen konnte: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ – sicher bekämen sie eine gewisse Selbsterkenntnis.

Der alte Mensch ist voll Menschenfurcht

Obwohl Jesus von Freund und Feind als der edelste Charakter anerkannt wird, schämt man sich, Jesus frei zu bekennen, während man sich nur des Bösen und Üblen zu schämen braucht. Aber der alte Mensch beeinflusst den Menschen, dass er sich schämt, öffentlich zu bekennen: „Ich bin ein Christ“. Man fürchtet sich vor Spott und man fürchtet sich, um Jesu willen zu leiden: deswegen bekennt man nicht den Herrn. Ein aufrichtiges Herz wird durch den Geist Gottes zum klaren Licht geführt werden, wo es Hass und Abscheu vor diesem verdorbenen Zustand bekommt. Hier gilt das Wort des Apostels: „Wappnet euch auch mit demselben Sinn [nämlich zu leiden, wie Jesus auch willig war zu leiden]; denn wer am Fleisch gelitten hat [Selbstverleugnung übt], der hat aufgehört mit der Sünde“ (1.Petr. 4,1).

Der alte Mensch weint viel, um seinen Willen zu bekommen

Wir kennen die Tränen Sauls und wissen, wie Judas weinte, nachdem er Jesus verraten hatte. Der alte Mensch weint Tränen, um Mitleid zu erwecken. Seelen, die sich hierin von ihm regieren lassen, können nicht auf göttliche Hilfe rechnen. Ihre Gebete und Tränen sind Gott nicht angenehm. Seelen, die an diesem Wesen festhalten und keinen entschiedenen Stand dagegen einnehmen, werden nie dahin gelangen, dass sie zu Christi mutiger Kämpferschar gerechnet werden können, es sei denn, sie lernen dieses weichliche Wesen zu hassen. Wir sehen immer deutlicher: Der alte Mensch muss sterben. Es darf für ihn keinerlei Barmherzigkeit geben.

Der alte Mensch ist ein geiziger Mensch

Er liebt nur zu nehmen und kann nicht geben, oder nur dann, wenn es öffentlich bekanntgemacht wird. Paulus sagt: „Geiz ist eine Wurzel alles Übels“ (1.Tim. 6,10). Der alte Mensch liebt und verehrt auch einen Gott; dieser Gott heißt: Irdisches. Geben bedeutet für ihn nur Verlust.
Willst du völlig vom alten Menschen erlöst und wahrhaftig geheiligt werden, so musst du vom Irdischen erlöst werden. Der alte Mensch stößt sich auch daran, wenn übers Geben gepredigt oder in Aufsätzen darauf hingewiesen wird. Er will es nicht wahrnehmen, dass es sich durch die ganze Bibel gleich einem rotem Faden hindurchzieht: „Geben ist seliger als Nehmen“ (Apg. 20,35).

Der alte Mensch ist leicht entmutigt

Nicht alle Entmutigung hat seinen Ursprung im alten Menschen; aber der alte Mensch, so kann man in Wahrheit sagen, kann sehr verzweifelt werden, wenn seine Unehrlichkeit an Tag kommt. Der Gedanke: „Gerade mir musste das passieren“, erregt dauernd sein Gemüt. Er kann sich selbst nicht vergeben. Der alte Mensch ist außer sich, wenn die Familienehre angetastet wird. Obwohl die Bibel sagt, dass alle Menschen von Natur aus Sünder sind, glauben doch viele Eltern, ihre Kinder seien unschuldig wie die Engel. Und wehe dem, der etwas anderes an ihnen sieht. Das können sie nicht vertragen. Schon ein nachteiliges Wort über ihre Kinder, wenn es auch den Tatsachen entspricht, bereitet ihnen schlaflose Nächte.

Der alte Mensch ist ungläubig

Für alle Lebensverhältnisse sind uns Verheißungen Gottes gegeben, durch welche wir Ruhe in Gott, Gnade, Frieden, Kraft und Trost besitzen können. Christus hat alles getan, damit wir in ihren Besitz kommen sollen. Aber eine Bedingung hat Gott daran geknüpft, und das ist völliger Glaube. Viele Kinder Gottes leben in Sorgen und Unruhe, und die Ursache ist nur, weil sie den Verheißungen Gottes nicht völlig und ganz glauben. Es ist eine Tatsache, dass der Glaube den Menschen regiert. Wie wir glauben, so werden wir denken und fühlen. Du, der du dich verlassen fühlst, wenn du nur die eine Verheißung glaubst: „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen“ (Hebr. 13,5), so wird das Gefühl deiner Verlassenheit bald schwinden, und du wirst dich geborgen fühlen in dem, der für dich sorgt. Die Ursache, warum du die Verheißungen nicht in ihrer Fülle erfassest, liegt nicht daran, dass du Gott und seinen Verheißungen nicht glauben könntest, sondern daran, dass du mehr auf das Sichtbare, als auf den lebendigen Gott traust und in deinen Herzen „Zweifel an Gott und seinem Wort“ ihr Leben fristen.
Tatsache ist, dass Leute, die mehr oder weniger vom alten Menschen regiert werden und an ihm festhalten, keine reine Gemeinde Gottes bilden können. Paulus schreibt von alten Menschen, dass er „durch Lüste im Irrtum sich verdirbt“. Der alte Mensch verdirbt dich, er verdirbt die Gemeinde, er verdirbt die Einheit der Kinder Gottes, er verdirbt und verhindert die Erlösung von Sündern, er verdirbt die gemeinsamen Unternehmungen zur vermehrten Entfaltung der Kraft Gottes unter vielen Kindern Gottes. Und wenn Gott es zuließe, dass der alte Mensch auch im Himmel seinen freien Lauf hätte, würde er auch den Himmel zur Hölle verderben.
Zeigt sich an dir, lieber Leser, eine der dargelegten Eigenschaften, so bist du nicht frei vom alten Menschen. Du magst Vergebung deiner Sünden haben und ein Kind Gottes sein; denn Tatsache ist, dass alle Kinder Gottes, die noch nicht geheiligt sind, etwas vom alten Menschen in ihren Herzen haben. Christus aber ist für die Heiligung der Kinder Gottes gestorben, damit sie auch von den Resten des alten Menschen erlöst würden.
Kaum wird es vorkommen, dass der alte Mensch in einer Person alle seine schlechten Eigenschaften hervorbringen kann, aber eine einzige Eigenschaft genügt bereits als Beweis, dass sein Tod noch nicht eingetreten ist.

Der Weg der Befreiung

Paulus schreibt: „Denn wenn wir samt ihm [Christus] gepflanzt sind zur Gleichheit seines Todes, so werden wir es auch zu der seiner Auferstehung sein, da wir wissen, dass unser alter Mensch samt ihm gekreuzigt ist, auf dass der Leib der Sünde aufhöre, dass wir hinfort der Sünde nicht mehr dienen“ (Röm. 6,5-6). Christus hat uns durch sein Blut ein volles Heil erworben. Der Weg dazu ist frei, aber Jesus hat uns nicht davon befreit, diesen Weg zu gehen. Dieses müssen wir selbst tun. Wir müssen „gepflanzt werden zur Gleichheit seines Todes“. Christus kämpfte sich durch, damit er am Kreuze sterbe. Er starb den wirklichen Tod; und nur wenn wir willig sind, völlig mit ihm zu sterben – allem Selbstsüchtigen, dem Stolz, der Selbstliebe, der Ehre und der Weichlichkeit – können wir wahres Leben haben. Hier darf kein Nachgeben, kein Rücksicht nehmen, kein Schwachsein vorhanden sein. Hier gilt es, sich auf den Knien im Kämmerlein durchzuringen zum felsenfesten Entschluss. Es gilt, völlig in den Tod zu gehen und dauernd zu wachen, um tatsächlich auch lebenslang gestorben zu bleiben. Nur solch ein Herz wird die Wahrheit des Wortes erfahren: „In diesem Willen (Gottes) sind wir geheiligt ein für allemal“ (Hebr. 10,10).

Seid mit Christus ihr erstanden, suchet, was da droben ist

Seid mit Christus ihr erstanden,
Suchet, was da droben ist;
Leget ab den Zorn, die Bosheit,
Folget treulich Jesus Christ;
Hass und Feindschaft von euch leget,
Hochmut, Scherz und Eitelkeit.
Niemand, der der Sünde fröhnet,
Ist für Gottes Reich bereit.

Leben wir im Geiste Gottes,
Lasst uns wandeln auch darin,
Frei von Schuld und von Verdammnis,
Dienend Gott mit reinem Sinn.
Lasst uns bringen heil’ge Früchte:
Friede, Freud’ und Mäßigkeit,
Glaube, Freundlichkeit und Liebe
Hier im Leben allezeit.

Kann von einer Quelle fließen
Beides, süß und bitter auch?
Sammelt man von Disteln Feigen,
Trauben von dem Dornenstrauch?
Gute Früchte können wachsen
Nur auf einem guten Stamm,
Aber von dem schlechten Baume
Schlechte Frucht nur kommen kann.

Sündendiener wir einst waren,
Uns beherrschte ihre Macht,
Frei von Frömmigkeit – unheilig –
Lebten wir in finstrer Nacht.
Aber, dank sei Gott, wir fanden
Eine köstlichere Bahn;
Als wir Gottes Wort befolgten,
Heil’ge Frucht wir zeugten dann.

In dem Geiste wir nun wandeln,
In des Heilands sel’ger Spur,
Sind durch Gottes Gnad’ teilhaftig
Seiner göttlichen Natur.
Durch den Glauben ich nun lebe,
Tue Gottes Willen gern;
Ich will reichlich Früchte bringen
Zur Verherrlichung des Herrn.
                C. M. Brooks