„Trachtet zuerst nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit“ (Matth. 6:33)
Im Leben jedes Menschen taucht einmal die Frage auf: „Was soll ich tun, dass ich selig werde?“ Ist es ein Wunder, dass die durch Gottes Geist Erweckten solche Besorgnis und solchen Ernst bezüglich ihres Seelenheils an den Tag legen? Gibt es eine andere Frage, die von solcher Wichtigkeit ist? Schließt diese nicht die ewige Bestimmung einer Seele ein?
„Was soll ich tun, dass ich selig werde?“, rief der Kerkermeister aus, weil er sich in großer Angst befand und vor dem allmächtigen Gott erzitterte, dessen treue Zeugen er in den Stock im Gefängnis in Philippi gelegt hatte. Die unsichtbare Hand Gottes offenbarte sich durch ein mächtiges Erdbeben. Dieser Mann erkannte, dass die Gefangenen Männer Gottes waren, die ihm sagen konnten, was er tun sollte, um von seinen Sünden errettet zu werden. Wohl ihm, dass er diese direkte Frage stellte!
Ist es ein Wunder, dass der erweckte Sünder um sein Seelenheil besorgt ist, und dass er einen heiligen Ernst an den Tag legt? Unbegreiflich ist es, wie viele so gleichgültig bezüglich dieser ernsten Sache sein können! Alles rechtfertigt den tiefen Ernst und verdammt die Gleichgültigkeit und Sorglosigkeit. Der widersinnigste und gefährlichste Gemütszustand, den es in dieser Welt nur geben kann, ist die Gleichgültigkeit gegen die eigene Seele. Der wildeste Enthusiasmus und die größte Begeisterung in Bezug auf das Seelenheil sind nicht so vernunftwidrig, als Geringschätzung und Verachtung desselben, was die nachstehenden Betrachtungen beweisen werden.
1. Der Mensch ist ein Wesen, das für die Ewigkeit geboren wurde, ein Geschöpf, das nie aufhört zu existieren. Millionen von Jahren, Jahrtausende, die zahlreicher sind als der Sand am Ufer der Meere, oder als die Tropfen im unendlichen Ozean, oder als die Blätter in allen Wäldern der Erde, verkürzen nicht die Dauer deiner Existenz. Die Ewigkeit – die große, unermessliche, unbegreifliche, unfassbare Ewigkeit liegt vor dir. Jeder Tag bringt dich der ewigen Verdammnis oder der ewigen Seligkeit näher. Dein jetziges Leben wird sich bald zum Ende neigen. Du kannst jeden Augenblick sterben. Du bist der Ewigkeit so nahe, wie dem Tod. Ist es darum ein Wunder, dass du die Frage stellen solltest: „Was soll ich tun, dass ich selig werde?“
2. Die Besorgnis um dein Seelenheil ist durchaus vernunftgemäß, wenn du die Tatsache erwägst, dass du ein Sünder bist. Du hast Gottes heiliges, gerechtes und ewiges Gesetz übertreten. Du hast dich gegen ihn und seine rechtmäßige Autorität aufgelehnt. Du bist sein Feind, wenn du in Sünde lebst. Wenn du, wie Adam, nur eine einzige Sünde begangen hättest, so wäre dein Zustand äußerst gefährlich. Eine einzige Sünde bringt dich unter das Urteil seines Gesetzes: „Der Tod ist der Sünde Sold“ (Röm. 6:23) und setzt dich seinem gerechten Zorn aus. Aber du hast unzählige Sünden begangen, die größer und furchtbarer sind, denn du je zu fassen vermagst. Seitdem du das Alter der Zurechnungsfähigkeit erreichtest, hast du in Sünden gelebt. Deine vielen Übertretungen und großen Sünden liegen wie ein schwerer Mühlstein auf deiner Seele. Du befindest dich unter dem Fluch des allmächtigen Gottes und seines Gesetzes.
3. Bedenke einmal, was der Verlust einer Seele bedeutet. Die Feder kann es nicht beschreiben, was dieses bedeutet. Der begrenzte Verstand des Menschen kann die volle Bedeutung des Verlorenseins einer Seele nicht erfassen. Es bedeutet den Verlust von all dem, was dem Menschen, als einem unsterblichen Wesen, wert und teuer ist. Es bedeutet den Verlust des Himmels mit all seinen Herrlichkeiten, Glückseligkeiten und Freuden, den Verlust des Friedens, der Ruhe und des ewigen Lebens. Es bedeutet den Verlust der Gunst Gottes, worin allein Leben und Frieden ist. Es bedeutet den Verlust der Glückseligkeit, den Verlust aller Hoffnung, den Verlust des Glaubens an sich selbst, indem der Mensch in die ewige Verzweiflung hilflos und hoffnungslos hinabsinkt. Der Verlust einer Seele schließt alles ein, was mit dem furchtbaren Wort „Hölle“ gemeint ist: auf ewig den Zorn Gottes zu erleiden. Es ist die Trennung und das Dahinfahren des menschlichen Geistes von seinem gottgewollten Daseinszweck in einen Zustand und an einen Ort, den Gott für die Dämonen bestimmt hat. Es ist die Qual in dem See, der mit Feuer und Schwefel ewig brennt.
Der Verlust einer Seele ist größer, als der Verlust dieser ganzen Welt. Jesus sagte: „Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ (Mt. 16:26). Also ist der Verlust einer Seele so unermesslich groß und so unberechenbar, dass er nie wieder gutzumachen ist. Der Verlust einer Seele schließt mehr Elend und Qual ein, als in allem Leid, in allen Sorgen, in allen Herzensängsten, in allen Tränen, in allen Schmerzen, in allen Seelenqualen, die je von den Bewohnern der Erde erduldet worden sind oder je erduldet werden, enthalten ist. Ist es darum ein Wunder, dass du die Frage stellst: „Was soll ich tun, dass ich selig werde?“
4. Die wirkliche Besorgnis scheint um so mehr berechtigt zu sein, wenn wir erwägen, dass der Verlust einer Seele nicht ein zufälliges, sondern ein gewöhnliches Ereignis ist. Wenn sich eine solche Katastrophe nur einmal im Leben ereignete, so dass es dich wahrscheinlich nicht treffen würde, so wäre es immer noch eine unverzeihliche Gleichgültigkeit, nicht über diese wichtige und ernste Sache besorgt zu sein. Aber ach, Tausende fahren täglich dahin! Darum solltest du umso vorsichtiger und ernster sein, damit du nicht einer der Verlorenen bist. Anstatt dass es eine Seltenheit ist, dass eine Seele verloren geht, ist es verhältnismäßig eine Seltenheit, wenn sich eine Seele erretten lässt. Jesus sagte, dass sich nur wenige auf dem schmalen Weg befinden, und eine große Menge auf dem breiten Weg zum Verderben dahineilt (Mt. 7:14). Die Hölle wird mit Sorglosen, Gleichgültigen und Nachlässigen angefüllt. O wie Schrecken erregend ist diese Tatsache! Wie wahrscheinlich ist es, dass auch du, lieber Leser, einmal unter den Verlorenen sein wirst! Du, der du diese Zeilen liest und den Ruf vernimmst, errettet zu werden, wirst du die Ewigkeit in den Regionen der Verlorenen zubringen müssen?
5. Das Heil ist eine Möglichkeit. Die Erlangung des Heils liegt in deinem Bereich. Wenn das nicht so wäre, so wäre es auch zwecklos, dafür besorgt zu sein; ja es wäre grausam, eine Besorgnis zu erregen, für die es keine Abhilfe gäbe. Aber dein Verlangen, deine Besorgnis ist ein Beweis, dass Hoffnung da ist und dass Christus bereit ist, dich zu erretten. Mitunter magst du die Empfindung haben, dass dein Fall hoffnungslos ist, aber dem ist nicht so. Jesus ist für dich gestorben. Gott ladet dich ein und der Geist Gottes wirbt um deine Seele. Die Einladung lautet: „Alles ist bereit, kommt zur Hochzeit!“ (Mt. 22:4). Entschuldigungen werden aufsteigen und den Eindruck erwecken, dass du jetzt nicht kommen solltest; aber gerade diese Entschuldigungen sind ein weiterer Beweis, dass du jetzt errettet werden kannst. Alles Erforderliche ist für dein Heil geschehen. Die Tür zum Eingang in die Gnade steht weit offen. Siehe, wie die ausgestreckten Arme Jesu, der blutend am Kreuze für dich gestorben ist, dich in Liebe und Barmherzigkeit aufnehmen wollen! Es wird deine eigene Schuld sein, wenn du nicht errettet wirst.
6. Tausende, ja Millionen sind von ihren Sünden errettet worden. Sie wissen ohne jeglichen Zweifel, dass ihre Sünden getilgt sind. Sie besitzen in ihrem Herzen Frieden und eine unaussprechliche und herrliche Freude. Sie wissen, dass das Heil eine Wirklichkeit ist, denn sie haben die göttliche Gnade und Kraft erfahren. Kannst du diese Zeugnisse bezweifeln? Kannst du diese Leute der Unaufrichtigkeit, oder eines verkehrten Glaubens, oder der falschen Darstellung beschuldigen, wenn ihr Leben davon zeugt, dass sie von neuem geboren sind? Millionen Erlöste sind jetzt im Himmel, und viele von ihnen haben ihr Leben für Christus gelassen. Weitere Millionen befinden sich auf dem Weg zum Himmel, errettet durch das Blut Jesu. Du glaubst, dass andere errettet werden können – warum nicht du? Wenn Gott andere errettet, wird er dich dann verwerfen, wenn du zu ihm kommst?
7. Das Seelenheil ist der größte Segen unter der Sonne. Das Heil ist eine Segnung, die alle anderen Segnungen einschließt. Es ist der Reichtum der göttlichen Gnade und Herrlichkeit. Das Heil bedeutet Befreiung von der Sünde, vom Tod und von der Hölle. Es bedeutet Liebe, Friede und Freude im Heiligen Geist. Es ist eine ewige, allumfassende und unbegrenzte Segnung. Sie ist so tief wie die Verdorbenheit des menschlichen Herzens und so hoch wie der Himmel selbst. Das Heil ist der erhabenste Plan des Allmächtigen; ein Plan, der Jahrhunderte in Vorbereitung war, ehe er auf Erden geoffenbart wurde. Es kostete das Leben des eingeborenen Sohnes Gottes, es wird durch den Heiligen Geist ausgeteilt und durch heilige Menschen, die deine Seele lieben, verkündigt. O wie verächtlich, wie unbedeutend, wie nichtig sind die höchsten und größten Errungenschaften dieser Erde im Vergleich mit dem Seelenheil! Reichtum, Ehre, Ruhm, Rang, Stellung und die höchsten Ziele des menschlichen Ehrgeizes und der Bestrebungen sind nur wie Kot im Vergleich mit dem Heil in Christus und der ewigen Herrlichkeit! Bete, o bete, lieber Heilsuchender, dass du wirklich von deinen Sünden errettet wirst!
8. Es gibt Feinde, die dich daran hindern, errettet zu werden. Diese Feinde sind inwendig und auswendig. Törichte, leichtsinnige und unweise Freunde, Bekannte und Gefährten mögen dir sagen, dass es noch genug Zeit hat, errettet zu werden, und dass eine andere Zeit ebenso gut oder noch besser sei als die jetzige. Entschuldigungen werden aufsteigen, um dich zu veranlassen, eine solche große Seligkeit zu vernachlässigen. Der Satan wird versuchen, dir Furcht einzuflößen. Er wird dir andere zeigen, die einen Fehlschlag erlitten. Auch der Hochmut deines Herzens wird versuchen, dich zu hindern, einen solchen demütigen Weg zu betreten. Die Sorgen und Mühen des Lebens mögen dich hindern, das Heil zu suchen. Außerdem gibt es noch viele andere Feinde, die sich unermüdlich bemühen, dich von der Erlangung des Heils abzuhalten.
9. Zur Erlangung des Heils sind heute die Verhältnisse und Umstände am günstigsten. Schiebe dein Heil nicht auf eine gelegenere Zeit auf, denn „jetzt ist die angenehme Zeit, heute ist der Tag des Heils“ (2.Kor. 6:2). Für dich wird es nie eine bessere Zeit als die jetzige geben, um von deinen Sünden errettet zu werden. In einem gewissen Sinn gibt es kein „Morgen“.
Christus wartet jetzt auf dich. Der Geist wirbt jetzt um dich. Du weißt, dass jetzt die Zeit ist, und wahrlich, jetzt ist die Zeit, das Heil zu finden. Alles stimmt damit überein, dass jetzt die beste Zeit ist. Darum suche jetzt dein Heil!