Heiligung

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Die Bibel, das Alte und Neue Testament, lehrt Heiligung. Wohl die gesamte Christenheit, soviel Richtungen es innerhalb derselben gibt, lehrt und glaubt an Heiligung. Jedoch sind die Meinungen über den Begriff „Heiligung“ sehr verschieden. Eine große Ursache der vielseitigen, oft gegensätzlichen Meinungen besteht darin, dass man da, wo das Wort „heiligen“ in der Bibel sich findet, nicht den rechten Sinn des Wortes erfasst, wie man auch die göttliche und die menschliche Seite nicht auseinander hält. Im ganzen Heilsplan haben wir eine menschliche Seite (Bedingungen, die der Mensch zu erfüllen hat), aber auch eine göttliche Seite (das, was Gott am Herzen bewirkt) zu unterscheiden.

„Heiligen“ bedeutet soviel wie reinigen, absondern, für einen bestimmten Zweck weihen oder beiseite stellen. Als Beispiel diene 2.Mose 29:37:

„Sieben Tage sollst du an dem Altar die Sühnung vollziehen und ihn weihen; so wird er ein Hochheiliges“.

2.Mose 19:10: „Und der Herr sprach zu Mose: Geh hin zum Volk und heilige sie heute und morgen, dass sie ihre Kleider waschen...“.

1.Kön. 9:3: „Ich habe dein Gebet und Flehen gehört, das du vor mich gebracht hast, und habe dies Haus geheiligt, das du gebaut hast, dass ich meinen Namen dort wohnen lasse ewiglich“.

Im Neuen Testament bezieht sich Heiligung noch auf das Erfülltwerden mit dem Heiligen Geist. Diese Erfahrung will uns völlig vom Wesen der Sünde reinigen, absondern, so dass wir ein gottgeweihter Tempel sind. Jesus betete im hohenpriesterlichen Gebet für die Jünger, dass sie geheiligt würden. Am Pfingsttage, als der Heilige Geist in ihre Herzen ausgegossen wurde, geschah das Werk der Heiligung. Auf der großen Versammlung in Jerusalem, wo Petrus seinen Umgang mit den Heiden rechtfertigte, verwies er die Gegner auf Gottes Wirksamkeit an den Heiden: „Und Gott, der die Herzen kennt, hat es bezeugt und ihnen den Heiligen Geist gegeben wie auch uns, und er hat keinen Unterschied gemacht zwischen uns und ihnen, da er durch den Glauben ihre Herzen reinigte“ (Apg. 15:8-9). Aus diesen Worten geht klar hervor, dass die Reinigung der Herzen und das Empfangen des Heiligen Geistes nur ein Werk Gottes ist. Auch Paulus bestätigt diese Tatsache mit folgenden Worten: „... damit ich ein Diener Christi Jesu unter den Heiden sei, um das Evangeliums Gottes priesterlich auszurichten, damit die Heiden ein Opfer werden, das Gott wohlgefällig ist, geheiligt durch den Heiligen Geist“ (Röm. 15:16). Heiligung vom Erfülltwerden mit dem Heiligen Geist oder der Taufe des Heiligen Geistes zu trennen, hat keinen biblischen noch praktischen Grund. Wenn in der Apostelgeschichte zu verschiedenen Malen vom „Vollwerden“ oder „Vollsein“ des Heiligen Geistes die Rede ist, so bezieht sich dies auf einen besonderen Grad des Inspiriertseins mit dem Heiligen Geist.

Eine bestimmte Erfahrung

Weitaus der größte Teil der Christenbekenner hält sich an der Meinung, dass Heiligung etwas sei, dem man nachjagen müsse, solange man im Leibe lebe. Wenn dem so wäre, so müsste Heiligung etwas Ungewisses, uns zu Hohes und nie Erreichbares sein. Jesus hätte demnach für etwas gebetet, was praktisch unmöglich ist. Dieses würde jedoch den Charakter Gottes in seiner Wahrhaftigkeit antasten. Gott verheißt nie etwas, was er uns zu geben nicht imstande ist. Wir wissen aus dem praktischen Leben, dass uns etwas Unsicheres nicht zufriedenstellt. Wenn jemand in Not ist und bekommt auf seine Bitte von seinem Nächsten nur eine ungewisse Zusage der Hilfe, so wird der Notleidende nicht beruhigt, sondern seine Sorge hält an. Die Erfahrung der Wiedergeburt, der Gotteskindschaft, ist etwas Bestimmtes und Gewisses. So ist und muss auch Heiligung etwas Bestimmtes und Gewisses sein, eine Erfahrung, über deren Besitz uns Gott nicht im Unklaren lässt.

Ein Werk Gottes

Ein weitaus großer Teil der Christen versteht unter Heiligung eine Anstrengung, ein „Sich-täglich-üben“, gewisse uns anhaftende Sünden und Gebundenheiten abzulegen. Man geht von dem Standpunkt aus, dass man bei der Bekehrung Vergebung der Sünden erlangt, andererseits aber mehr oder weniger ein an die Sünde gebundener Mensch bleibt. Nun gelte es, der Heiligung nachzujagen und sich täglich zu üben, weniger der Sünde zu dienen. Abgesehen davon, dass dieses Bemühen zu keinem Erfolg führt, weil die Gebundenheit ihren Sitz im Herzen hat, würde diese Art Heiligung ein von Menschen ausgeführtes Werk sein; denn in diesem Falle würde die Erfüllung der Aufgabe allein dem Menschen zufallen.

Um die klare biblische Tatsache verstehen zu lernen, lasst uns das Bild vom Weinstock und den Reben in Joh. 15:1-6 betrachten. In Vers 2. lesen wir: „Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe“. Jesus betont ausdrücklich, dass Gott eine jede Rebe, die keine Frucht bringt, wegnehmen, also abschneiden, und nach Vers 6. wegwerfen und ins Feuer werfen will. Andererseits will Gott eine jegliche Rebe, die Frucht bringt, reinigen, dass sie mehr Frucht bringe. Dieses Bild hat direkt Bezug auf die Erfahrung der Heiligung. Beachtenswert ist, dass der Zweck der Reinigung, mehr Frucht zu bringen ist. Unter dieser Frucht sind die Früchte des Geistes zu verstehen. Würde Heiligung ein immer währendes Ablegen von Sünden und Sichbessern bedeuten, so könnte man von „mehr Frucht bringen“ nicht sprechen, sondern von „bessere Frucht bringen.“ In Joh. 17:17 hat Jesus direkt zum Vater gebetet: „Heilige sie!“ Gott sollte das Werk an seinen Jüngern ausführen. Desgleichen lehrt Paulus, dass Gott heiligt. „Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun“ (1.Thess. 5:23-24). Wohl ist es wahr, dass der Mensch etwas zu tun hat, damit Gott ihn heiligen kann. Es verhält sich hierbei ähnlich wie in der Wiedergeburt. Diese Erfahrung ist das ausschließliche Werk Gottes; aber um dahin zu kommen, eine wirkliche Erfahrung der Wiedergeburt zu erlangen, muss der Mensch wahre und gründliche Buße tun. Die Bedingung für den Menschen, damit Gott ihn heiligt, ist, dass er sich völlig auf den Altar (Christus) als beständiges Opfer legt. Hiervon spricht Paulus: „... das Evangeliums Gottes priesterlich auszurichten, damit die Heiden ein Opfer werden, das Gott wohlgefällig ist, geheiligt durch den Heiligen Geist“ (Röm. 15:16).

Eine große Notwendigkeit

Jesus kannte den hohen Wert dieser Erfahrung für die Jünger, darum betete er vor seinem Tode so ernstlich für sie. Vor seiner Himmelfahrt ermahnte er die Jünger, zu Jerusalem zu bleiben, bis sie angetan würden mit der Kraft des Heiligen Geistes. Jesus kannte die Macht des Teufels, der Sünde und auch alle Widerstände gegen das wahre Christentum; ebenso waren ihm alle menschlichen Schwächen bewusst. Die Sünde musste an der Wurzel erfasst werden, um den Menschen in den Zustand zu versetzen, dass er imstande sei, unter allen Umständen den Willen Gottes zu tun. Petrus hatte es erleben müssen, dass es mehr erfordert als eine große Begeisterung, um mit Jesu leiden zu können. Eine ganz besondere göttliche Kraft ist nötig, um alle Leiden um Christi willen auf sich zu nehmen und demütig, geduldig und entschieden durch alles hindurchzugehen. Auch um die rechte demütige, brüderliche Stellung in der Gemeinde einzunehmen, nie seinen eigenen Vorteil noch eigene Ehre zu suchen, bedürfen wir der Kraft des Heiligen Geistes. Prüfungen, Anfechtungen und Kämpfe mag und wird es immer unter Kindern Gottes geben; aber wie wichtig ist es, dass man richtig kämpft und da, wo andere durch die gegenseitigen Kämpfe sich trennen, sich „zusammenkämpft“, d.h. sich noch inniger verbindet.

Als Resultat völliger Heiligung nennt Jesus, laut Joh. 17:18-26, die Einheit. Einheit gedeiht nur auf dem Boden der völligen Herzensreinheit. Unreinheit und Ungerechtigkeit ist die Ursache aller Uneinigkeit. Jesus sagte, dass durch die sichtbare Einheit der Kinder Gottes die Welt überzeugt würde, dass er von Gott gesandt ist. Diese Einheit ist in der heutigen Christenheit von größter Notwendigkeit. Natürlich dürfen wir Einheit nicht mit Vereinigung verwechseln. Göttliche Einheit wird uns nur durch das Werk Gottes, die Heiligung, zuteil. Uneinigkeit ist einzig der Ausfluss der im Herzen regierenden selbstsüchtigen Grundsätze. Wie der menschliche Körper keinen Eiter beherbergen kann, ohne von demselben ruiniert zu werden, so ist es auch auf geistlichem Gebiet mit jeder Seele und der Gemeinde als Ganzes der Fall. Erst wenn all das Böse und Eitrige aus dem Körper ausgeschieden ist, ist eine schmerzlose, harmonische Betätigung der Leibesglieder wieder möglich. So kann wirkliche Einheit auch nur durch die Reinigung und Heiligung des Herzens erzeugt werden und niemals auf dem Wege äußerlicher Verhandlungen und indem man Zugeständnisse macht, wenn dadurch die Grundsätze und Prinzipien des Heiligen Geistes und des Wortes Gottes übergangen werden. Zur Apostelzeit war wahre Einheit in der Gemeinde. Erst als man es vernachlässigte, die Heiligung als ein Werk Gottes, das die Herzen völlig reinigt und mit dem Heiligen Geist erfüllt, entschieden zu lehren, ging mit der Reinheit des Herzens auch die Einheit verloren. Das Aufstellen von Kirchengesetzen nach staatlichem Muster konnte keine Einheit schaffen. Es wurden dadurch nur die Wirkungen der Unreinheit und Uneinigkeit innerhalb der äußerlichen, abgefallenen Kirche gedämpft; gleichzeitig aber Bestrebungen, die biblischen Wahrheiten klar zu lehren, gewaltsam unterdrückt.

Was tut die Heiligung?

Aus dem Worte Gottes und auch aus der praktischen Erfahrung ist zu ersehen, dass die Wiedergeburt uns in den Stand versetzt, wo wir ein Siegesleben über die Sünde führen können. Von Interesse für jedes Kind Gottes muss es nun sein, wovon wir in der Heiligung gereinigt werden und was diese Erfahrung für uns tut. Ist denn nicht alles vollkommen in Ordnung, wenn wir ein wahres Siegesleben über die Sünde durch die Gnade Gottes erlangten? Die Bibel wie auch die Erfahrung beweist, dass in jedem Wiedergeborenen ein gewisser Grad von fleischlichem Sinn verbleibt. Wohl schlummert derselbe und mag von den meisten Kindern Gottes im Anfang der Bekehrung nicht sogleich bemerkt werden. Auch ist es Tatsache, dass diese fleischliche Gesinnung verschieden auftritt. Da die fleischliche Gesinnung auch mit „Selbstsucht“ oder „eigenem Ich“ zu bezeichnen ist, so dürfte es uns nicht schwer fallen, die Auswirkungen derselben jeweils festzustellen. Nachstehend möchte ich einige Beispiele von diesem Wesen anführen, wie es sich bei den Jüngern bemerkbar machte. Zu einer gewissen Zeit beschäftigten sie sich untereinander mit der Frage, welcher der Größte unter ihnen wäre. Schon dieses Fragestellen zeigt an, dass Bestrebungen da waren, wo einer oder der andere der Größte sein wollte. Dass solche Bestrebungen, wenn ihnen Raum gelassen wird, die Harmonie untereinander stört, ist ohne weiteres klar. Zu einer anderen Zeit machten gewisse Jünger dem Herrn Jesus den Vorschlag, auf die Samariter zur Strafe Feuer vom Himmel fallen zu lassen. Nicht zu vergessen ist Petrus in seiner Selbstüberschätzung und Feigheit, als er Jesus verleugnete.

Diese angeführten Beispiele sind typische Kundgebungen der fleischlichen Gesinnung im Bekehrten. Als Kennzeichen dieser fleischlichen Gesinnung müssen folgende angeführt werden: Neigungen zu Stolz, Ehrsucht, Empfindlichkeit; auch Geneigtheit, bei Leuten, die uns weniger sympathisch sind, unangenehme Dinge zu übertreiben; Unwilligkeit, für Jesus zu leiden; aus Menschenfurcht den Willen Gottes zu unterlassen; dem Trachten nach dem Irdischen mehr Aufmerksamkeit zu widmen als den himmlischen und geistlichen Gütern; Abweisen von Belehrungen, Eigenlob nebst manchen andern verwandten Dingen. Tatsache ist, dass diese Kundgebungen bei manchen stärker, bei andern schwächer zu Tage treten, wobei die genossene Erziehung eine Rolle spielt. Nichtsdestoweniger findet sich aber bei jedem Wiedergeborenen tief im Herzen ein gewisser Grad dieser Gesinnung. Dieser fleischliche Sinn macht sich in den vorkommenden natürlichen und geistlichen Angelegenheiten bemerkbar und sucht, das Kind Gottes in seinen Entscheidungen nach der selbstsüchtigen Seite hin zu beeinflussen. Von besonderem Übel hierbei ist der Umstand, dass im Willen eine Schwäche und eine Geneigtheit liegt, sich von den oben erwähnten Eigenschaften der fleischlichen Gesinnung beeinflussen, bestimmen und leiten zu lassen. Dies ist der Zustand des geteilten Herzens, und wenn demselben nicht ein Ende bereitet wird, bekommt mit der Zeit die fleischliche Gesinnung in manchen Dingen die vollkommene Führung und Gewalt über den Menschen. Das beständige Siegesleben, ein „Weitüberwinden“ in allen Stücken, sowie auch der Wandel in der selbstlosen Liebe Jesu, wodurch völlige Einheit möglich ist, wird mehr oder weniger gestört. Man kann diese innere Verderbtheit am besten mit einem Gift im Blut vergleichen. Der Körper sieht ganz gesund aus, aber von Zeit zu Zeit bilden sich abwechselnd an den verschiedenen Gliedern Geschwüre, die zur Zerstörung des Leibes führen können. Erst wenn das Blut gereinigt ist, hören derartige Erkrankungen auf. So verdirbt auch dieser fleischliche Sinn das gesunde geistliche Leben, und dies ist auch der Explosivstoff in den Gemeinden. Bei Duldung solcher Elemente in den Herzen der Kinder Gottes ist eine Einheit unter ihnen fraglich. Völlige Reinigung des Herzens von aller Neigung zur fleischlichen Gesinnung ist die einzige und sichere Hilfe. Das Erlangen der Erfahrung der Heiligung vermittels des Blutes Christi gibt uns völlige Reinheit.

Aber auf eine andere, bedeutungsvolle Wirkung der Heiligung, oder was sie tut, muss hingewiesen werden, und das ist das Erfülltwerden mit dem Heiligen Geist. Von welch großer Bedeutung das Erfülltsein mit dem Heiligen Geist ist, kann man an dem geistlichen Zustand der Jünger vor dem Pfingsttage und ihrem Leben und kraftvollen Auftreten nach Pfingsten ersehen. Der Heilige Geist erfüllt ein jedes Gotteskind mit Gotteskraft, so dass es ungehindert, wo und unter welchen Umständen es sich befinden mag, die Früchte des Geistes trägt. Durch die Fülle des Heiligen Geistes werden wir nicht in einen Rausch versetzt, wo wir sinnlos handeln und unvernünftige Dinge tun, sondern der Heilige Geist gibt uns die Kraft, Gottes Willen zu tun, Jesum zu bekennen und darum Spott und Leiden auf uns zu nehmen. Demütig das Unrecht zu erdulden, unser Recht Gott anheim zu stellen, ohne Schmollen Raum zu geben; unsere Übeltäter zu segnen, das Böse mit Gutem zu überwinden. Nicht wiederzuschelten, wo man gescholten wird, und für das Wohl des Nächsten genau so bestrebt zu sein wie für das eigene. Dies sind nur einige Dinge, wozu uns die Kraft des Heiligen Geistes befähigt. Mit der Fülle des Heiligen Geistes wird die völlige Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen (Röm. 5:5). Jene Liebesgesinnung, wie Paulus sie uns in 1.Kor. 13 schildert, ist uns gegeben. Wesentlich ist auch, dass uns ein klarer Blick in den Willen Gottes geschenkt wird. Man muss diese Erfahrung erlangt haben, um beurteilen zu können, welch ein großes himmlisches Gut uns dadurch zuteil wird. Es ist ein großer Schade, dass auf das Erlangen dieser Erfahrung in den Kreisen vieler Gotteskinder so wenig Wert gelegt wird. Man kann die Fülle des Heiligen Geistes mit einem großen irdischen Vermögen vergleichen, das jemand zuteil geworden ist. Wie ein irdisches Vermögen den Menschen befähigt, die sich ihm entgegenstellenden Schwierigkeiten leichter zu überwinden, so gibt uns dieses himmlische Gut, der Heilige Geist, Kraft, Stärke, Festigkeit, Demut, Liebe, Geduld und Ausdauer, um mit Siegeszuversicht durch alle Kämpfe, Versuchungen und Leiden in gottgefälliger Weise hindurchzugehen.

Wie erlangen wir die Heiligung,
oder wer kann geheiligt werden?

In Joh. 14:17 sagt Jesus: „... den Geist der Wahrheit, den die Welt [Unbekehrte, Sünder] nicht empfangen kann; denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht“. In Hebr. 2:11 lesen wir: „Denn weil sie alle von einem kommen, beide, der heiligt und die da geheiligt werden, darum schämt er sich auch nicht, sie Brüder zu nennen“. Wenn Heiligung für Sünder wäre, so könnte man nicht sagen, dass beide, der Heiligende und die geheiligt werden, von einem [Gott] kommen. Jesus sagt: „Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht“, und Johannes schreibt: „Wer Sünde tut, der ist vom Teufel“. Weiter lesen wir in Eph. 5:25-27: „Ihr Männer, liebet eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben, um sie zu heiligen. Er hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, damit er sie vor sich stelle als eine Gemeinde, die herrlich sei und keinen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern die heilig und untadelig sei“. Hier hebt Paulus hervor, dass Christus sich als Opfer gegeben hat, um die Gemeinde zu heiligen. In der Gemeinde des Herrn sind keine Sünder und Ungerechte. Schon in Ps. 1:5 lesen wir, dass die Sünder nicht in der Gemeinde der Gerechten bleiben. Von den Jüngern konnte Jesus, ehe sie geheiligt waren, beten: „Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin“. Aus diesen angeführten Texten kann man ersehen, dass Heiligung für die Kinder Gottes ist, für die wahrhaft Wiedergeborenen, für diejenigen, die schon ein Siegesleben führen.

Wir wollen nun betrachten, was von unserer Seite getan werden muss, um geheiligt zu werden. Viele biblische Begriffe könnten angeführt werden, aber ich möchte nur die praktische, menschliche Seite berühren. Es ist durchaus nicht nötig, dass wir erst alle theologischen Begriffe über diesen Vorgang kennen. Gott hat den Weg zum Heil sehr einfach gemacht, so dass auch die Toren nicht irren brauchen. Ich glaube, der Weg zur biblischen Heiligung ist für viele fast zu einfach, um denselben zu gehen. Auf geistlichem Gebiet sind die Menschen durchweg zu kompliziert eingestellt. Jesus sagte, dass es den Unmündigen offenbart werden soll. In Röm. 15:16 bezeugt Paulus, dass er in seiner Arbeit dahin wirkt, dass „die Heiden ein Opfer werden, das Gott wohlgefällig ist, geheiligt durch den Heiligen Geist“. In Hebr. 10:10 heißt es: „In diesem Willen sind wir geheiligt durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi“ (Elbf. Übers.). Alles, was das Kind Gottes zu tun hat, um geheiligt zu werden, ist, sich als Opfer auf den Altar (Christus) zu legen. Aber hier liegt bei viele lieben Seelen gerade die Schwierigkeit. Sich selbst mit allem, was man hat, Gott als Opfer zu übergeben, führt zum Aufgeben des eigenen Ichs. Es kommt fast einem Tode gleich.

Wenden wir uns zu Jesus in Gethsemane. Hier war es, wo er betete: „Siehe, ich komme zu tun deinen Willen!“ Jesus sah sein ganzes Todesleiden mit allen Einzelheiten voraus. Da er auch die menschliche Natur besaß, fühlte er die Leiden genau so wie wir. Zwei besondere Umstände beschäftigten ihn. Zu einem Mal stand vor ihm der wunderbare Erlösungsplan und die Herrlichkeit des endgültigen Sieges, sowie die große Freude und Dankbarkeit vieler Millionen geretteter Seelen. Um diesen Erlösungsplan zu verwirklichen, bedurfte es des Opfers seiner Person. Dies war der Wille Gottes für ihn. Der Teufel, alle Höllenmächte, sowie sein menschliches Empfinden suchten ihm diesen Weg so schwer wie möglich zu machen. Alles war auf Jesu persönliche Entscheidung gerichtet. Es war ein Kampf, an dem der ganze Himmel und die Hölle beteiligt waren. Da hören wir Jesus beten: „Mein Vater, ist’s nicht möglich, dass dieser Kelch an mir vorübergehe, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille!“ (Mt. 26:42). Das Leiden war völlig überwunden; festen Schrittes geht Jesus allen Ereignissen entgegen. Als man ihn beweint, sagt er: „Weint nicht über mich, sondern weint über euch selbst und über eure Kinder“ (Lk. 23:28). Der Wille Gottes war seine Freude, sein Wille, sein Ziel und sein Sieg. Dies tat er uns zum Vorbild. Er bedurfte keiner Heiligung, (weil er der „Heilige Gottes von Anfang an war“; Anm. d. Red). In diesem Willen, Gottes Willen zu unserem Willen gemacht, sind wir geheiligt. Genau den festen Willen zu bekommen, darin zu stehen, sich von demselben regieren zu lassen – das ist der Weg, um geheiligt zu werden.

Was ist es, was Kinder Gottes in die Sünde zurückfallen lässt? – Der Geist Gottes drängt dich, Jesus und was er für dich getan hat zu bekennen. Aus Furcht vor Spott und Verachtung schweigst du. Wiederum sehen wir viele Gelegenheiten, etwas für das Reich Gottes zu tun; aber wir möchten zuerst alle eigenen Wünsche befriedigt sehen, ehe wir etwas mehr für das Reich Gottes tun. Eine dir bekannte Person erzählt von dir Dinge, die nicht der ganzen Wahrheit des Sachverhalts entspricht. Du ziehst dich von ihr zurück. Einige Prediger sind in einer Versammlung, und einer von ihnen fühlt sich verletzt, weil er nicht wie andere zum Predigen aufgefordert wird. Wo liegt die Ursache von solchem und ähnlichem Verhalten? Einfach da, dass in dem Willen des Menschen nicht der Opfersinn und Opferwille Jesu regiert.

Was ist der Wille Gottes? – Nach Jesu Sinn zu leben, Gott mit allem Tun und Lassen über alles zu ehren, das ganze Wort Gottes zu befolgen, das allgemeine Wohl des Reiches Gottes über unser persönliches Wohl zu stellen, für die Interessen Gottes und seines Werkes zu leben. Um unentwegt diesem Willen Gottes zu leben, muss man völlig tot sein zu allem andern. Da gilt es, ein völliges Opfer zu bringen, sich selbst (geistlich gesprochen) ans Kreuz zu schaffen, um zu sterben. Dieses Opfer erfüllen nur Seelen, die wahrhaft ganz für Gott da sein wollen. Für den einen mag der Kampf, zu diesem Punkt zu gelangen, schwerer sein als für den andern. Aber Gott ist der Herzenskündiger; sobald jemand sich zu diesem völligen Opfer durchgekämpft hat, wird das Feuer des Heiligen Geistes, die Kraft des Heiligen Geistes, das Herz erfüllen. Darum ermahnt uns auch das Wort Gottes: „So lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen in vollkommenem Glauben, besprengt in unsern Herzen und los von dem bösen Gewissen und gewaschen am Leib mit reinem Wasser“ (Hebr. 10:22). Das Herz (der Wille) wird durch diese Erfahrung von der nachgiebigen Schwäche zum fleischlichen Sinn gereinigt und mit dem Heiligen Geist erfüllt. Die Anfechtungen, Versuchungen, Kämpfe, Leiden, Prüfungen und Demütigungen bleiben dieselben; aber durch den unnachgiebigen, mit dem Heiligen Geiste gefüllten und regierten Willen ist der Sieg, der Gott und sein Wort ehrt, gewiss.

Unter Umständen können sich sogar noch größere Kämpfe einstellen. Da ist ein Bruder, er erkennt die biblische Taufe. Nun stellt er Gottes Willen über den seiner Angehörigen; und Schwierigkeiten, die ihm völlig neu sind, entstehen. Das Ziel Gottes in der Heiligung mit uns ist, in unserem Charakter die Grundsätze aufzurichten: „Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mt. 22:37.39). Besonders muss noch hervorgehoben werden, dass uns diese Erfahrung in den Stand der wahren geistlichen Armut versetzt, wo wir uns in all unserm Tun und Lassen in völliger Abhängigkeit von Gott befinden. Gott ist sozusagen unser Leiter, Regierer, unser Besitzer und König.

Wie lange bleiben wir geheiligt?

Kann man die Heiligung verlieren, und was ist zu tun, um dies zu verhindern? Diese Gedanken beschäftigen viele teure Seelen. Heiligung versetzt uns nicht in einen Zustand, wo wir nicht wieder fallen könnten. Auch bringt sie uns nicht dahin, wo Versuchungen und Anfechtungen keine Einwirkungen auf uns haben können. Ebenso wenig gelangen wir durch diese Erfahrung dahin, dass wir nun nichts mehr zu tun haben, sondern gerade jetzt gilt es, zu wachen und zu beten, um in diesem festen Herzenszustande zu bleiben. Zwei Dinge sind es, wozu Gott dich heiligt. Einmal will er dich als Vorbild und Werkzeug unter den Mitmenschen gebrauchen, zum andern sollst du nun zum vollen Mannesalter Christi heranreifen. Jetzt, nachdem das Herz gereinigt, also eine gesunde Qualität geschaffen ist, ist die Möglichkeit gegeben, auch in der Quantität, im Umfang, zuzunehmen. Vieles gibt es noch von Jesu zu lernen; aber jetzt sind die Hindernisse beseitigt, so dass ein gesundes geistliches Wachstum am Leibe Jesu geschehen kann. Nun ist der Zustand erreicht, wo man mit Paulus sagen kann: „Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, das da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel“ (Phil. 3:13-14).

Das Behalten dieses Zustandes ist also, wie jede andere Verheißung Gottes, an die Erfüllung von Bedingungen geknüpft. Ein sehr typisches Beispiel dafür ist Abrahams Verhalten, wie es uns in 1.Mose 15:7-21 berichtet wird. Abraham wünschte zur Bestätigung der Verheißung Gottes ein gewisses Zeichen. Gott befahl ihm, gewisse Tiere an einem gewissen Platz zu opfern. Hierbei trug es sich zu, – ehe Gottes Zeit gekommen war, Feuer zur Verzehrung der Opfer auf sie fallen zu lassen – dass Raubvögel auf die Aase fielen. Abraham verscheuchte jedoch die Raubvögel und wachte über sein Opfer.

Wenn der Mensch sich mit allem, was er ist und hat, im Glauben als Opfer auf den Altar gelegt hat, so gilt es nun täglich ein Opfer zu sein und sorgfältig darüber zu wachen, dass nicht die Raubvögel (die irdischen Dinge, wie auch der Einfluss der Sünde um uns herum) uns dazu verleiten, das Opfer zurückzunehmen. Wir haben unsern freien Willen, und es gilt daher zu wachen und zu beten, dass wir auf dem Altar bleiben und das Opfer täglich praktisch ausleben. Nur solange wir diesem nachkommen, bleiben wir geheiligt. Manche teure Seelen mögen in der praktischen Ausführung Schwierigkeiten haben. Dieselben dürften aber meistens auf dem Gebiete des persönlichen Glaubens zu suchen sein. Es handelt sich dabei um das eine Nötige, im Glauben alles aus Gottes Hand zu nehmen. Wichtig ist es zu beachten, dass ein großer Unterschied darin besteht, „an Gott zu glauben“ und „Gott persönlich zu glauben.“ Mit dem „völligen Glauben“ meint die Schrift „Gott völlig glauben“. Gott hat zur Genüge bewiesen, dass man ihm völlig glauben kann. Wenn die Schrift uns bezeugt: „Er sorgt für euch“ oder „Ich bin bei euch alle Tage“, so sollen wir dies fest glauben. Wir wissen, dass Gott uns liebt, dass er allmächtig ist, und also alle Umstände, die wir nicht ändern können, in seiner Hand hat. Der völlige Glaube legt sich getrost in Gottes Hand und nimmt auch alles aus Gottes Hand. Wer einmal im Glauben zu dieser Ruhe in Gott gekommen ist, vermittels der völligen Übergabe, der kann bezeugen, wie köstlich und schön ein solches Leben ist. Ein Liederdichter (B. E. Warren) singt:

Gnadenfüll’ ist uns gewähret,
Gram und Sorge all verzehret;
Denn mit Himmelsbrot uns nähret,

Er, der selbst das Himmelsbrot“

Haben wir doch Einen, auf den wir all unsere Sorgen werfen können; Einen, der über allen Dingen steht und weiß, was gut für uns ist. Nur eine große Sorge soll uns beschäftigen: Ein Opfer auf dem Altar zu bleiben.

Möge Gott geben, dass noch viele teure Seelen auf diesen „neuen und lebendigen Weg“ gelangen und völlige Genüge in Jesu finden.