Das Problem

Sich selbst zu predigen ist eines der schwersten Probleme. Man soll auf einmal alles, was man den andern predigt, sich selbst predigen.

Das ist gar nicht so einfach, denn das geht uns direkt und persönlich an. Das Problem ergibt sich aus folgenden Dingen:

1. Falsche Einschätzung der eigenen Person.

a. Wie es geschieht: Man misst sich mit anderen Predigern oder Leuten und glaubt, diesen überlegen zu sein. Man ist in besseren Verhältnissen aufgewachsen oder steht finanziell besser als der andere. Das gibt das Gefühl der Überlegenheit.

Illustration: Ein junger Mann, der die Oberschule in Deutschland besucht hatte, sagte einmal zu jemandem, der bei der Stadtbehörde einen Posten bekleidete: „Mit dir kann ich über gewisse Dinge sprechen, aber die anderen verstehen sie nicht!“

Das ist nicht Bildung, sondern pure Einbildung; und wenn ein Prediger eingebildet ist, kann er nur andern, aber niemals sich selbst predigen hier liegt seine Schwierigkeit.

b. Es sind menschliche Maßstäbe. Der Herr hält sich nicht an diese, er hat seinen. Obige Einstellung zeigt einen Mangel an Demut und Liebe. Der Selbstdünkel ist die herrschende Macht.

Illustration: Ein Prediger sagte in jeder Ansprache: „Ich, euer Ältester!“

Auch dem Prediger gilt: „Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein, wodurch ihr euch selbst betrüget“ (Jak. 1,22).

2. Falsche Rücksichtnahme auf die eigene Person.

Jeder Prediger muss auf sich Rücksicht nehmen, z. B. auf die Gesundheit oder die finanzielle Lage. Aber was ich meine, ist dem entgegengesetzt:

a. Predigen, um seine eigene Person zu decken oder zu schützen. Man baut um sich eine hohe Mauer – aber was nützt den Zuhörern dann deine Predigt?

b. Predigen, um die Schuld auf andere zu werfen, wenn es schief geht. Man entschuldigt sich zur Genüge – ob aber unsere Zuhörer uns immer glauben?

c. Ein weiterer Schritt: Mit sich selbst stets Mitleid haben und schließlich sich in eine Märtyrerrolle versetzen, und zwar in den eigenen Augen.

d. Falsche Rücksichtnahme macht wählerisch und hindert, sich dem Werk ganz zur Verfügung zu stellen.

Was wäre geworden, wenn nicht Prediger sich geopfert hätten, um uns zu predigen? Denke an Paulus, an die Missionare, und an manche Prediger im Lande; du aber sagst: „Nach Sibirien gehe ich nicht!“