Aus dem Leben im Missionsheim

Wie schon erwähnt, kam ich Ende November 1907 in das Missionsheim in Essen an der Ruhr, von dem Br. George Vielguth der Gründer war. Im Jahre 1908 kamen Geschwister Arbeiter aus den Vereinigten Staaten und lösten Br. Vielguth ab, der dann auf Urlaub zu seiner Familie nach USA ging.

Da mich Geschwister Arbeiter vom Jahre 1905 her gut kannten und ich gelernter Kaufmann war, übergaben sie mir die Buchführung des Missionsheimes und den Schriftenversand. Das war mir dann auch keine schwere Aufgabe. Den Schriftenversand führte ich bis Anfang Februar 1911. In einem Jahr war die Nachfrage nach unsern Schriften so stark, dass wir mit zwei Personen arbeiten mussten, um die Arbeit zu bewältigen. Damals nahmen sich die Leute noch Zeit, die Bibel zu lesen und gute Schriften zu studieren. Das wirkte sich segensreich aus und die Aufrichtigen wurden in der Wahrheit gegründet.

Eine Begebenheit aus jener Zeit ist mir unvergesslich geblieben. Eines Tages kam Br. Karl Arbeiter zu mir und sagte: „Das Buch ‚Gehet aus von ihr, mein Volk!‘ darf nicht mehr versandt werden!“ Wir hatten von diesem Buch noch einen größeren Vorrat. Ich fragte: „Warum nicht?“ Er antwortete mir: „Der Inhalt diese Buches ist wohl die Wahrheit, es ist aber nicht in einem guten Geist geschrieben!“ Dabei ging mir ein Licht auf. Die Wahrheit muss im rechten Geiste, das heißt im Geiste der Liebe vertreten werden. Ich denke, das wird ewig wahr bleiben. Wieviele vertreten auch heute die Wahrheit – aber in keinem guten Geiste. Da gilt das Wort aus 1. Kor. 13 gewiss auch: „...und wenn ich alle Erkenntnis hätte... und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts.“ Die Liebe sucht nicht das Ihre. Wie oft wird die Wahrheit zu selbstischen Zielen missbraucht!

Das ganze Missionsheim war auf Glauben und Gebet aufgebaut. Und Gott ehrte den Glauben, indem er uns mit den nötigen Mitteln versorgte, die wir zum Existieren brauchten.

In dem Missionsheim waren ständig junge Schwestern sowie auch Brüder. Doch waren Liebeleien nicht gestattet. Wer aber ernsten Herzens ein Verhältnis beginnen wollte, musste dieses dem Vorsteher des Missionsheims melden.