In Gottes Arme

Es ist in Engadin. Auf Bergeshöhn

Fährt schnellen Laufs ein großer Reisewagen.

Man scherzt und jauchzt. Wie ist die Welt so schön!

Wie ferne sind des Alltags Last und Plagen!

 

Da plötzlich dröhnt ein Schuss von Felsenwand.

Die Pferde bäumen sich in wildem Schrecken,

Nicht zügeln kann sie mehr des Lenkers Hand,

Sie rasen fort, dass Schaum und Staub sie decken.

 

Im Wagen ist es still, bleich jedes Angesicht,

Starr jeder Blick; denn groß sind die Gefahren.

Da, hell und klar ein Kinderstimmchen spricht:

„Du, lieber Heiland, wollest uns bewahren!“

 

Ein holdes Mägdlein ist’s. Es drückt sich fest

Zur Mutter hin, die weint in stillem Harme.

„O Mutti, wenn uns Gott auch sterben lässt,

So fallen wir ja nur in seine Arme.“

 

Und sieh! Der Herr hat wunderbar erhört

Des Kindes Flehn. Die Rosse sind gebändigt,

Die Fahrt geht ruhig nun und ungestört.

Der heiße Tag in stillem Frieden endigt.

 

Oh, wohl dem Herzen, das in Angst und Not

Voll Zuversicht des Kindleins Wort kann lallen:

„Ob bittres Leid, ob selbst der Tod mir droht,

Ich kann ja nur in Gottes Arme fallen!“