Aus dem Munde der Säuglinge

„Aus dem Mund der jungen Kinder

Hast du Lob mir zubereitet.“

Also sprach der Herr der Ehren,

Als ihn jene Schar begleitet,

Die mit Palmen ihn begrüßte,

Ihm das Hosianna brachte

Und des Tempelhofes Hallen

Voller Lobgesänge machte.

 

Heute noch solch Lob erklinget

Aus der holden Schar der Kleinen,

Heute noch in junge Herzen

Lässt der Herr die Gnade scheinen.

Meist verborgen muss sie bleiben,

Diese zarte Gottespflanze,

Dass der Erdenstaub nicht schade

Ihrem reinen Himmelsglanze.

 

Fern im Norden war’s, dass lieblich

Solch ein Pflänzlein einst erblühte;

Früh im Herzen eines Knaben

Reine Gottesliebe glühte.

Nur von Jesu wollt er hören,

Nur von Jesu Liebe singen;

Wollte froh dem großen König

Seine kleinen Opfer bringen.

 

Kaum vier Sommer hat das Pflänzlein

Schön geblüht auf dieser Erde.

Da gefiel’s dem Himmelsgärtner,

Dass es nun versetzet werde,

Um noch herrlicher zu grünen

In des Paradieses Auen

Unter all den sel’gen Scharen,

Die des Königs Antlitz schauen.

 

Krankheit war der raue Bote,

Den der Herr dem Kinde sandte.

Fieber raste durch die Adern,

Wilder Schmerz im Halse brannte.

Und die Eltern seufzten bebend:

„Ach, was können wir ihm sagen?

Er, der nur von Liebe wusste,

Wie wird er das Weh ertragen?“

 

Da ertönt ein zartes Rufen

Aus dem kleinen weißen Bette.

Sieh, da liegt das Knäblein lächelnd,

Als ob lautre Lust es hätte.

Das Gesichtchen strahlt verkläret,

Wie des Märt’rers Antlitz weiland,

Und die Lippen flüstern sterbend

Nur ein Wort: „Mein süßer Heiland!“

 

„Wahrlich, Gott hat ihn gelehret,“

Sprach der Vater, fest im Glauben,

„Liebe hat die Lieb erkläret,

Nichts kann diesen Trost uns rauben.“ –

Ja, aus dieses Kindleins Munde

Ist des Heilands Lob gedrungen

Und noch in der Todesstunde

Hosianna hell erklungen.