Ortsgemeinden in Süd-Russland

Außer den gewöhnlichen größeren Versammlungen hatten wir jährlich ein bis zwei Bibelversammlungen, die mehr für die Prediger und Mitarbeiter gedacht waren. 1924 kamen zu solch einer Versammlung auch zwei Brüder aus dem Schwarzmeergebiet: Bruder Heinrich Ackermann und Bruder Martin Gänsle. Dort im Süden Russlands sind durch die deutsch-amerikanische „Evangeliums-Posaune“ Keime von der Lehre der Gemeinde Gottes gepflanzt worden. Diese haben sich nach und nach immer mehr ausgebreitet. Auch einige Brüder wurden zur Gemeindearbeit erweckt. Als erstes war es Bruder Heinrich Schock, Vater Schell und Vater Meier, die der Herr dort als lebendige Zeugen der Wahrheit gebrauchte.

Von Bruder Ebel, der dort schon vor dem Krieg Versammlungen hielt, wurde folgende Begebenheit erzählt. „Als er, wie es seine Art war, in einer Versammlung die Sünde wieder mal bis auf das Schärfste geschildert und gestraft hatte, rief ihn ein Mann nach der Versammlung auf die Seite. Er sagte ihm, wenn er weiter so scharf und hart predigen werde, bekäme er hier keine Anhänger. Bruder Ebel antwortete darauf mit lauter Stimme: ͵Ich will auch keine Anhänger! Denn mein Wunsch und Bestreben ist, dass der Herr sein Werk offenbaren und dass die Menschen in die Gemeinde Gottes hineingeboren werden möchten!ʹ“ Diese Begebenheit trug auch dazu bei, dass manche der Anwesenden erkannten: Zu einem wahren Christentum gehört etwas Tieferes.

Bruder Schock wurde bald in andere Dörfer und Gegenden gerufen, um den Menschen die freimachende Wahrheit zu verkündigen, weil er dazu auch die Fähigkeiten vom Herrn besaß. Die Brüder Schell, Meier, sowie Bruder Schock und seine Schwester besuchten schon vor dem Krieg unsere größeren Versammlungen in Wolhynien.

Der Herr ließ es zu, dass Bruder Schock während des Krieges heimging. Aber seine Arbeit war nicht umsonst, noch wurde sie vergessen, sondern sie breitete sich immer mehr aus. An seiner Stelle gebrauchte der Herr andere Männer, die ganz entschieden für den Herrn auftraten. Besonders war es Bruder Heinrich Ackermann in Chutor-Lubin. Trotzdem er durch manche Schwierigkeiten zu gehen hatte, arbeitete er treu und entschieden für die Sache Gottes. Und der Herr schenkte ihm auch Helfer – den Bruder Gänsle in Neusatz und dessen Schwager, Bruder Raaf, sowie eine Anzahl anderer Männer. Sie alle sind treu für die Sache Gottes eingetreten.

Wie es wohl allgemein bekannt ist, sollen die Deutschen im Süden Russlands schon immer mehr religiös veranlagt gewesen sein. Sie traten ernst dafür ein, dass das Werk Gottes emporgehalten wurde. So haben auch diese Männer, gegründet in der Wahrheit, angefangen, die Neubelebung des Werkes Gottes zu bewirken.

Wenn die Leute dort mit dem Ackern beschäftigt sind, müssen sie ja, wie auch in den anderen Steppengegenden im Kaukasus und in Sibirien, fast Tag und Nacht mit aller Kraft an die Arbeit gehen. Aber in den Zwischenzeiten nutzen sie die Zeit. Sie machen mit anderen Geschwistern weite Reisen, um die Gläubigen zu ermutigen und den Unterdrückten Trost zu bringen.

Auf Einladung der lieben Schwabengeschwister besuchten Bruder Hinz und ich sie im Herbst 1925. Am 16. Oktober fuhren wir nach Torosow bei Odessa. Auch hier wirkte der Herr so wunderbar, so dass die Leute auf der Straße einander fragten, was das wohl werden solle. Und von Zeit zu Zeit gingen die Leute alle zusammen in eine Versammlung. Mehrere fanden Frieden im Blute des Lammes.