Entstehung von weiteren Ortsgemeinden

Im Sommer 1910 ließ ich mich in der Stadt Rowno nieder. Nach Beschaffung einer behördlichen Genehmigung richtete ich dort einen Schriftenvertrieb ein. Ich begann die Literatur der Gemeinde Gottes sowie auch andere gute Bücher, Bibeln und Bibelteile unter die Leute zu bringen. Ich fand auch fähige und willige Helfer dazu. Nach dem Kaukasus, in die Krim, ins Wolgagebiet und an mehrere Orte in Wolhynien gingen Kolporteure, um den Samen des gedruckten Wortes auszustreuen. Diese Schriften machten für das Wort Gottes Bahn. Außerdem öffneten sie für mich manche Türen und so wurde ich dann an verschiedene Orte gerufen.

Zuerst ging es nach Antonowka. Dort hatte der Herr bei der Familie Wilde und Manske in Herz und Haus eine gute Arbeit getan. Auch Familie Peglau in Kurgany öffnete ihr Herz und Haus für den Herrn. Dieses alles verbreitete sich wie ein Lauffeuer und ich bekam kaum noch Zeit, meine Geschäfte in Rowno zu erledigen.

Auch nach Kuplja ging das Feuer Gottes herüber. Dort hatte der Herr am ersten Ostertag 1910 ein gutes Feld eingenommen. Es schien, als beugte sich das ganze Dorf unter die gewaltige Hand Gottes. Auch nach den angrenzenden Dörfern wie Dolganez, Krucha und bis Njespodsjanka, Luzenow und in andere Ortschaften griff das Feuer Gottes über.

Überall hatten wir dann beständige Versammlungen und Gemeinden. Aber die größten Zusammenkünfte waren in Klein-Kuplja. Es wurde gewissermaßen der Hauptort. Die freimachende Wahrheit drang auch bald bis nach Sergejewka, in der Nähe Rowno’s, wo die Familie Gläsmann und eine Anzahl anderer ihre Herzen und Häuser für die Sache Gottes weihten. Überall fanden Erweckungen und Bekehrungen statt. Auch hatten wir öfter Taufe und feierten die Verordnungen des Herrn. Weil auf all den Plätzen kein passender Fluss oder Teich war, grub Bruder Kern nicht weit von seinem Haus einen kleinen „Jordan“, wie wir ihn nannten.

Auch in die andere Richtung von Rowno bahnte der Herr den Weg in manche Orte. Matschulek war ein Ort, wo der Herr bald danach, als sich etliche bekehrt hatten, es den Menschen ins Herz gab, dass sie uns ihre Bethäuser und Kirchen zur Verfügung stellten. In diesen versammelten sich dann die Leute zu Hunderten. Sie kamen nicht nur allein aus dem Dorf, sondern aus der ganzen Umgebung. Auch in den Kolonien bei Roshischtsche erweckte der Herr etliche, darunter auch eine Lehrerfamilie Kelm, die später nach Kostopol umsiedelte. Bruder Kelm arbeitete gleich von Anfang an der russischen „Evangeliums-Posaune“ mit, die in Riga herausgegeben wurde.

An mehreren Orten vereinigten sich die Leute aus mancherlei Gemeinschaften und bildeten eine Versammlung der Gemeinde Gottes. Viel hatte dabei mitgeholfen, dass uns die Brüder aus USA Kisten mit Freiliteratur zusandten, die wir auf verschiedene Art und Weise verbreiteten.

In Kuplja waren die Gottesdienste in Geschwister Kerns Hause. Weil die Räumlichkeiten zu klein wurden, kaufte Bruder Kern eine große lutherische Schule. In dieser waren in einer eingegangenen Kolonie Gottesdienste und Schule abgehalten worden. Diese baute er ab, baute sie in seinem Hof wieder auf und richtete darin seine Wohnung und einen großen Raum für gottesdienstliche Zwecke ein. Bis dahin hatten wir auch hier unsere Gottesdienste oft in Scheunen und Obstgärten abhalten müssen.

Der Herr hat auch an diesen Orten manches Wunder getan.  Kranke sind durch den Glauben geheilt worden. Aber wie auf anderen Orten, so ging es auch hier nicht immer auf Rosen. Es gab auch manche trübe Stunden, in denen wir vor dem Angesicht Gottes weilen und ringen mussten. So erhoben sich etliche Feinde, die befürchteten, dass alle Leute fromm würden. Diese bestachen und überredeten verschiedene Leute. Sie versuchten mit allerlei Hinterlist mich wegzuschaffen und beabsichtigten sogar, mich zu töten. Aber der Herr, der die Hand über alles hielt, war auch da mein Beschützer. Er hielt ihnen die Hände, dass sie die Waffen nicht aufheben konnten. Und danach hat der Herr uns desto mehr segnen können. Einige hatten mich sogar vor dem Gouverneur verklagt. Sie rechneten damit, dass ich wohl von der Fläche verschwinden würde. Aber das Gegenteil von ihrem Bestreben trat ein. Auch dieses alles musste zum Aufbau des Werkes Gottes dienen. Trübe Stunden und Verfolgungen können den Aufbau und die Arbeit der Gemeinde Gottes nicht stören, weil diese sich von innen heraus aufbaut.

In Romanowka (Nordkaukasien), dem schon erwähnten Ort, hatte sich die Gemeinde schon so vergrößert und befestigt, dass sie eine Lagerversammlung veranstaltete. An deren letzten Tag fand meine Hochzeit mit einer jungen Schwester Julianne Abraham, die aus meinem Arbeits- und Geschwisterkreis kam, statt. Bruder Ebel vollzog die Trauung und Bruder Doebert sprach dabei über den Segen eines glücklichen Ehelebens.

Mit Geschwister Hinz, die schon vor uns mit der Lehre der Gemeinde Gottes bekannt geworden waren, hatten wir ein recht segensreiches Zusammenarbeiten. Sie besuchten uns, wir besuchten sie. Geschwister Ebel und Geschwister Doebert besuchten auch mehrere Male unsere Gemeinden, mit ihnen auch einmal Bruder Sprenger. Der Herr segnete uns mit willigen Geschwistern, die uns in allem beistanden. Wir konnten im Segen gemeinsam für die große Sache des Herrn arbeiten, bis uns 1914 der Weltkrieg zerstreute. Davon waren wir in der West-Ukraine am meisten betroffen.