Ps. 56:9, Offb. 7:17
Du siehest meine Tränen alle,
Du mitleidsvoller Heiland, du,
Solang ich hier im Staube walle
Der sel’gen Himmelsheimat zu.
Ich weine ja in deinen Armen,
Ich fliehe an dein treues Herz.
O lass dein tröstendes Erbarmen
Noch stärker werden als mein Schmerz.
Du kennst die Tränen! Ob in Buße
Ein Sünder naht mit seiner Last;
Ob zitternd zu des Kreuzes Fuße
Dich eine Glaubenshand erfasst;
Ob bang in innern Leidenstagen,
Ob in Verfolgung, Krankheit, Not;
Ob in der Armut bittrem Zagen
Ein Auge aufwärts tränt zu Gott.
Ob stumm an eines Grabes Rande
Ein brechend Mutterherze ringt;
Ob beim Zerreißen zartster Bande
Das Schwert bis an die Seele dringt;
Ob sanft im Kreise von Geliebten
Die Träne rinnt, ob nur vor dir:
Du weißt’s, du Bruder der Betrübten,
Der du gelitten hast wie wir.
Du zählest alle meine Tränen,
Nicht eine wird zu viel geweint.
Du handelst schonend ja mit denen,
Die dir im Glauben sind vereint.
Nur frei und los willst du sie machen
Von dem, was sie gefangen hält.
Und deine treuen Augen wachen,
Dass sie kein Sturm zu Boden fällt.
Bald ist der Pilgerlauf zu Ende,
Bald siegen wir ob Tod und Grab,
Dann wischen deine treuen Hände
Uns alle, alle Tränen ab.
Die Hoffnung blickt im Tal der Leiden
Hinauf zum Lamm, das uns versöhnt,
Das uns vor seinem Stuhl wird weiden
Und uns mit ew’ger Wonne krönt.
O komm, du Morgen voller Klarheit,
Nach dieser langen Tränennacht!
Komm, o du Sonne voller Wahrheit,
Die aus dem Tod hat Leben bracht!
Herr, in mein Aug, von Tränen feuchte,
Strahl heute schon mit Himmelslicht,
Damit dein Friedensbogen leuchte
Auf deines Kindes Angesicht!