Welche Erfahrung vervollkommnet unsere Einheit?

Antwort: Gänzliche Heiligung oder Vollkommenheit. In Verbindung mit seiner Bitte um Einheit bat der Heiland den Vater, die Jünger zu heiligen und mit ihnen alle, die durch ihr Wort an ihn glauben werden, was auch uns einschließt. „Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen eins seien“ (Joh. 17,22-23). Heiligung, Vollkommenheit und die Herrlichkeit Christi, das bezieht sich alles auf dieselbe Erfahrung, und diese macht alle Kinder Gottes eins.

„Denn sie kommen alle von einem, beide, der da heiligt und die da geheiligt werden. Darum schämt er sich nicht, sie Brüder zu heißen“ (Hebr. 2,11).

„Und er hat etliche zu Aposteln gesetzt, etliche zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes, zur Erbauung des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollkommenen Mann, zum Maß des Alters der Fülle Christi“ (Eph. 4,11-13).

Die Erlösung durch Christus, die uns für den Himmel tüchtig macht, einigt uns auch auf Erden. Eine Religion der Zertrennungen muss natürlich eine Seele betrügen. Eine besondere Aufgabe der Prediger Gottes ist, die Heiligen zuzurüsten zum Werk des Dienstes (Eph. 4). Sobald sie vollkommen geworden sind in der Heiligung und Liebe, so kommen sie auch zur Einheit des Glaubens, der einst den Heiligen übergeben wurde. Das Blut Jesu Christi macht nicht allein rein von aller Sünde und Ungerechtigkeit, sondern es entfernt auch die Irrlehren. Der Tröster leitet in alle Wahrheit, was das Hinwegtun alles Irrtums einschließt. Es ist wahr, dass die Reinigung von Irrtümern nicht ebenso schnell und augenblicklich geschieht, wie von der Sünde. Aber die, welche reinen Herzens sind, haben vollkommene Gemeinschaft, auch wenn noch nicht alle früheren, anerzogenen Irrtümer verschwunden sind. Es gibt darum auch sonst keinen wirklichen Grund zur Trennung und Spaltung als die Sünde.

Das Schreien gegen Sekten und Spaltungen, wenn man nicht zuerst selber völlig geheiligt ist und danach die Leute in dieses köstliche Paradies heiliger Liebe einführen will, ist daher nichts anderes, als Verwirrung über Verwirrung anzurichten, oder als wenn ein Teufel sich mit dem anderen herumschlagen würde, wie die Teufel mit den Söhnen Skeva’s. Alle Anstrengungen, die man macht, um Vereinigung anders zu erzielen, als auf dem Weg der göttlichen Heiligung, sind gerade so, wie wenn man krumme Stücke kalten Eisens gegeneinander schlüge, um sie einander anzupassen. Je mehr Schläge, je mehr Krümmungen und Unebenheiten. Wirft man sie aber in einen Schmelzofen und setzt sie glühender Hitze aus, so werden sie bald ihre kalte, steife, gekrümmte und unebene Beschaffenheit verlieren und zu einer Masse werden. Das ist Gottes Weise, sein Volk zu vereinigen, nämlich durch das Feuer des Heiligen Geistes. Alles Herumflicken und alles Einigen durch Aufstellung von Glaubenssatzungen und Bekenntnisformeln ist Zeitverschwendung. Eine jede solche Bestrebung hat immer nur ein Gießen oder Schaffen eines neuen Sektenkalbes zur Folge gehabt, das die Leute anbeten und worüber sie streiten konnten. Aber alle so aufgebauten Vereinigungen sind Bündel, die nur zum Verbrennen zusammengebunden wurden. Freiheit von Sünde verbindet alle in Liebe.

Das biblische Heil ist alles, was nötig ist. Hat man das, so wird beides, Einheit des Herzens und der Seele, sowie Harmonie im äußerlichen Gottesdienst und Leben als Resultat oder Frucht des Geistes von selbst nachfolgen. Ist man von einem Geist in einen Leib getauft und von dem göttlichen Geist in seiner Fülle getränkt worden, so verursacht es einem keine Mühe, Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten. Denn solche kennen die Wahrheit und die Wahrheit macht sie frei. Äußerliche Dinge werden auf dem Gebiet biblischer Heiligung nicht zum Prüfstein oder Probe gemacht. Es wird in der Tat keine andere Probe verlangt, als das Vorhandensein der Gemeinschaft selbst. Denn heilige Menschen urteilen nicht nach dem Schein, sondern richten gerecht. „Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde“ (1.Joh. 1,7). „Gemeinschaft des Geistes“ (Phil. 2,1) ist da, wo Reinheit der Herzen ist; sie ist die bewusste Vereinigung der Herzen, in denen derselbe Heilige Geist wohnt. Der eine mag schon in alle Wahrheit geleitet sein, der andere noch nicht. Das hebt aber die Gemeinschaft nicht auf. Es ist jedoch die Pflicht solcher, die die Wahrheit wissen, andere, die sie noch nicht kennen, mit Sanftmut zu lehren. Die Unbekanntschaft mit dieser oder jener Wahrheit zerstört die Gemeinschaft nicht, aber Widerstand gegen die Wahrheit zerstört sie, weil es die Seligkeit verwirkt.

Wir brauchen den Irrtümern der Menschen nicht zustimmen, müssen ihnen aber um so mehr Liebe und Freundschaft erzeigen, und zwar solange kein Beweis vorliegt, dass sie ihre falschen Lehren eigensinnig beibehalten wollen oder dass sie ihre Seligkeit verloren haben. Ist dies der Fall, so hat die Gemeinschaft ein Ende, aber Liebe und Güte bleiben und man fährt fort in Treue, sich um ihr Seelenheil zu bemühen. Wegen irgend einem Irrtum in der Lehre die Gemeinschaft aufzuheben, wäre Scheinheiligkeit. Sich aber damit zufrieden zu geben, dass eben alle verschiedene Meinungen haben und Wahrheit und Irrtum gleich verteilt seien, ist Babylons verworrene Art und Weise. Die Wahrheit zu wissen ist unser Vorrecht, sie zu lehren – unsere Pflicht, aber dass man Gemeinschaft pflegt mit denen, die reinen und redlichen Herzens sind, ist eine selbstverständliche und unwillkürliche Sache. Sekten sind fleischlichen Ursprungs; nichts aber als völlige Heiligung zerstört den fleischlichen Sinn und entfernt dadurch alle Sektiererei. Das Feuer der Liebe Gottes bringt alle Herzen, die davon ergriffen werden, in Übereinstimmung und zum völligen und einheitlichen Gehorsam unter die volle Wahrheit; es treibt aber auch solche hinweg, die sich weigern, geläutert zu werden, um dadurch die heilige Gemeinschaft zu erreichen.