Die ersten Grundsätze der biblischen Wahrheit, vorgetragen von Br. Barbulla

Weil die Zeit es erlaubte, konnten wir regelmäßig zweimal in der Woche unsere Versammlungen halten. Wir hatten jeweils am Samstag- und Sonntagabend eine Versammlung. Es hatte sich bereits eine Anzahl Menschen bekehrt, und sie wollten sich nun taufen lassen. So wurde die Taufe ein Thema. Es war unmöglich, die Taufe am Tage durchzuführen, weil derartige Dinge verboten waren. So wählten wir nicht weit von unserem Dorf einen Ort aus, an dem wir uns trafen, als es dunkel wurde, und führten dort die Taufe durch.

Bei diesem Anlass kam uns wieder Br. Barbulla zur Hilfe. Wir stiegen gemeinsam ins Wasser, der Bruder sprach dem Täufling ein Wort zu und ich versenkte ihn ins Wasser und hob ihn dann wieder heraus. So führten wir im Jahr 1957 die erste Taufe in Kamenka durch, bei der etwa zwanzig Geschwister getauft wurden. Weil wir unbeobachtet blieben, gab es auch keine Störungen. In den folgenden Jahren führten wir ein- bis zweimal im Jahr die Taufe durch und hatten dabei niemals Schwierigkeiten.

Ebenfalls im Jahr 1957 konnte ich eine weitere wichtige Erfahrung machen. Wieder einmal war Br. Barbulla bei uns zu Besuch. Mein Schwiegervater Eduard Schmidtke wohnte bei uns im Haus. Da Br. Barbulla noch Fahrrad fahren konnte, mein Schwiegervater aber wegen seines kranken Beines kaum durch den Flur gehen konnte, sagte er zu Br. Barbulla: „Du bist etwas älter als ich und kannst dich noch so gut bewegen. Ich aber muss so leiden.“ Da fragte der Bruder ihn: „Was wünscht du?“ „Bete für mich, dass meine Wunde geheilt wird.“ Vater hatte seit vielen Jahren eine Wunde am Bein, die beständig eiterte und jeden Tag behandelt werden musste. Ärzte konnten da nicht mehr tun. Br. Barbulla war bereit zu beten. Wir beteten und Br. Barbulla salbte unseren Vater nach Jak. 5,14-15. Ich verband die Wunde, wie ich es immer getan hatte, und Br. Barbulla fuhr nach Hause.

Es gab kein besonderes Zeichen der Heilung. Am anderen Morgen kam ich, um die Wunde wieder zu verbinden. Da merkte ich zu meinem Erstaunen, dass die alte Binde ganz locker saß. Ich löste die Binde und sah, dass die Wunde mit einer dünnen Haut überzogen war und keine Behandlung mehr nötig war. Der Vater wusste noch nichts davon. Ich rief aus: „Papa! Papa! Gott hat dich geheilt!“ Vater fragte noch nach: „Was sagst du, Kind? Ich fühle auch keine Schmerzen mehr!“ Die Freude und Dankbarkeit waren groß. Für mich war es aber auch eine gute Erfahrung, denn bis dahin hatte ich so etwas noch nicht erlebt. In den späteren Jahren musste ich oft für Kranke beten und Gott hat gesegnet.

 

Ein weiteres Erlebnis möchte ich wiedergeben. Mit unserer Versammlung ging es vorwärts und die Anzahl der Besucher in den Gottesdiensten nahm zu. Und es gab Eltern, deren Kinder nicht zur Versammlung kamen. Diese Eltern wünschten, dass ihre Kinder mehr mit dem Wort Gottes bekannt würden. Eines Tages kam es dazu, dass ein junges Paar heiraten wollte. Die Eltern besuchten die Versammlung, die jungen Leute aber nicht. Nun wünschten die Eltern, dass ihre Kinder getraut werden sollten. Manche von den Gläubigen waren der Ansicht, dass gottlose Kinder nicht in der Gemeinde getraut werden sollten.

Wieder einmal kam uns Br. Barbulla zur Hilfe. Er versuchte der Versammlung klar zu machen, dass wenn junge Leute heiraten, sündigen sie nicht (1.Kor. 7,28). Ob sie gläubig sind oder nicht, es gilt für alle. Die Ehe ist eine Einrichtung Gottes. In Hebr. 13,4 heißt es: „Die Ehe soll ehrlich gehalten werden bei allen und das Ehebett unbefleckt; die Hurer aber und die Ehebrecher wird Gott richten.“ Man sollte bei solch einer Gelegenheit die Kinder belehren, dass sie mit einem keuschen Leben in der Ehe Gott ebenfalls ehren. So hat sich in der Gemeinde der anfängliche Widerstand gegen diese Trauung gelegt. Br. Barbulla hat dies junge Paar auch getraut. Wie gut war es doch, mit einem solch erfahrenen Bruder zu arbeiten.

Doch leider konnte Br. Barbulla nicht immer bei uns bleiben. Er kam noch im Spätherbst diesen Jahres zu uns, als wir die Verordnungen feierten. Ihm lag der Gedanke besonders auf dem Herzen: „Es könnte das letzte Mal sein.“

Er äußerte noch Folgendes: „Ich habe euch die Grundlagen der Wahrheit vorgestellt und dargelegt, wie ihr es halten sollt. Nun müsst ihr zusehen, dass ihr bei all dem bleibt, was ihr gelernt habt.“

Zu Beginn des neuen Jahres wurde Br. Barbulla krank. Nicht dass er an einer besonderen Krankheit litt, doch die Kräfte verließen ihn. Von seinen Kindern wurde berichtet, dass er kurz vor seinem Tod einige Verse aus einem russischen Lied sang:

 

„Im Himmel ist mein Vaterhaus,

ich möchte heim zu Jesu.

Dort werd ich ewig ruhen aus,

ich möchte heim zu Jesu.

Gott selber hat dies Haus erbaut –

ich möchte heim zu Jesu –

so schön, wie man hier keines schaut.

Ich möchte heim zu Jesu.

 

Im Himmel ist mein Heim so schön

beim Vater und dem Sohne.

Ich bin getrost: ein Wiedersehen

gibt’s dort vor Gottes Throne.

Lebt wohl, o Welt! Ich gehe heim

zum Ort voll Glück und seliger Freud.

Ich gehe heim zu Jesu.“

 

Bald darauf verstarb der Bruder im Alter von 80 Jahren. Ich habe dann die Beerdigung übernommen. In der Ansprache versuchte ich, des Bruders guten Kampf des Glaubens mit dem Kampf des Glaubens zu vergleichen, den uns der Apostel Paulus beschreibt. Wir glauben, dass Br. Barbulla die Krone der Gerechtigkeit bekommen hat, weil er Christi Erscheinung lieb hatte (2.Tim. 4, 7-8).