1. Die Bereitschaft zum Eintritt in Kanaan

Frage: Könnt ihr mir bitte den ersten Schritt zur Erlangung der völligen Heiligung erklären? Ich habe viel davon gehört und auch einigen Predigten darüber beigewohnt. Aber mir ist noch immer nicht klar, welches der rechte Weg ist, den ich einschlagen muss, um sie wirklich zu erlangen – wenigsten nicht so klar, wie ich es wünschte. Könnt ihr mir den ersten, den zweiten, den dritten und alle übrigen Schritte erklären? Mein Herz spürt einen scheinbar nicht zu stillenden Hunger, und in mir wohnt ein unbefriedigtes Sehnen – sicherlich brauche ich eine tiefere Erfahrung! Und deswegen bitte ich: „Zeigt mir den Weg!“

Antwort: Gerne wollen wir uns bemühen, dir den Weg ins „Allerheiligste“ (Hebr. 10:19; Albr. Ü.) klar darzulegen. Vor allen Dingen musst du wissen, ob du geheiligt bist oder nicht. Auf welcher Seite des Jordans befindest du dich: auf der Kanaanseite oder auf der Wüstenseite? Auf diese Frage ist eine eindeutige Antwort erforderlich. Steigen in dir manchmal Zweifel auf, ob du Heiligung besitzest oder nicht? Dann lass uns zuerst alle Zweifel hinwegräumen. Die göttlichen Erfahrungen in der Seele sind zu bestimmt, als dass sie irgendwelche Zweifel in sich bergen müssten; und sicherlich haben wir das Vorrecht zu wissen, wo wir im Geistlichen stehen.

Wenn du feststellst, dass du dich auf der Wüstenseite befindest, dann ist es zunächst notwendig, dir Klarheit zu verschaffen, ob du aus Ägypten ausgegangen bist: ob du vor Gott gerechtfertigt bist, ob alle deine Sünden abgewaschen sind und ob du ein Kind Gottes bist.

Wenn du sicher bist, dass du gegenwärtig vor Gott gerechtfertigt, aber durch den Glauben noch nicht in Kanaan eingetreten, also noch nicht völlig geheiligt bist, dann wisse gewiss, dass diese Erfahrung auf dich wartet.

Ferner ist es sehr wichtig, dass du von ganzem Herzen glaubst, dass Heiligung ohne jeden Zweifel eine Erfahrung ist, die die Bibel allen Gläubigen anbietet. Glaubst du es? Wenn ja, dann ist alles klar und du brauchst nur voranzugehen, oder, um die Worte des Herrn an Josua zu gebrauchen, „mache dich nun auf und zieh über den Jordan“ (Jos. 1:2).

Braucht dein Glaube an diese Lehre vielleicht noch eine Kräftigung? Dann denke über folgende Verheißungen des Wortes Gottes nach und eigne sie dir an:

„Darum hat auch Jesus, damit Er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor“ (Hebr. 13:12).

„Heilige sie in Deiner Wahrheit; Dein Wort ist die Wahrheit“ (Joh. 17:17).

„Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ (1.Thess. 5:23).

„Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben, um sie zu heiligen. Er hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, damit Er sie vor sich stelle als eine Gemeinde, die herrlich sei und keinen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und untadelig sei“ (Eph. 5:25-27).

„Weil wir nun solche Verheißungen haben, meine Lieben, so lasst uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes uns reinigen und die Heiligung vollenden in der Furcht Gottes“ (2.Kor. 7:1).

Nachdem du über jedes dieser Schriftworte zehn oder fünfzehn Minuten lang nachgedacht hast, betrachte nun die teuren Verheißungen vom Senden des Heiligen Geistes:

„Und Ich will den Vater bitten, und Er wird euch einen andern Tröster geben, dass Er bei euch sei in Ewigkeit: den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht Ihn nicht und kennt Ihn nicht. Ihr kennt Ihn, denn Er bleibt bei euch und wird in euch sein“ (Joh. 14:16-17).

„Der Tröster, der Heilige Geist, den Mein Vater senden wird in Meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was Ich euch gesagt habe“ (Joh. 14:26).

„Damit der Segen Abrahams unter die Heiden komme in Christus Jesus und wir den verheißenen Geist empfingen durch den Glauben“ (Gal. 3:14).

„Und Gott, der Herzenskenner, gab ihnen Zeugnis, indem Er ihnen den Heiligen Geist gab wie auch uns; und Er machte keinen Unterschied zwischen uns und ihnen, da Er durch den Glauben ihre Herzen reinigte“ (Apg. 15:8-9; Elbf. Ü.).

Diese herrliche Erfahrung, von der Petrus spricht, machten die Jünger an Pfingsten, als der Heilige Geist alle Versammelten erfüllte und eine Schar gewöhnlicher Menschen in eine geistesmächtige Evangeliumsschar verwandelte, wie sie die Welt nie vorher sah.

Nichts nährt die Seele so, wie das Wort des Herrn. Denke über die angegebenen Schriftstellen nach, trinke ihre volle Bedeutung ein und erfasse, was sie alles an Gnade, Liebe und geistlicher Kraft für dich enthalten. O betrachte, für welchen Preis diese Segnungen für dich durch das Blut des Herrn Jesu Christi erkauft wurden!

Damit du deine Aufgabe in dieser Sache sehen möchtest, erlaube uns einen Hinweis auf folgende Dinge:

Am Kreuz auf Golgatha gab Jesus alles – alles für dich und deine Erlösung. Dort rief Er aus: „Es ist vollbracht!“ Dort bezahlte Er die letzte Schuld für uns alle. Dort bewies Er seine vollkommene, unvergängliche, unergründliche und unbegrenzte Liebe.

Gehe zum Fuß des Kreuzes! Siehe dort den Erlöser hängen! Dieser Anblick sollte ein jedes Herz tief bewegen. Kannst du dich im Schatten des Kreuzes damit zufriedengeben, irgendetwas weniger zu sein als ein ganzer, biblischer Christ? Kannst du weniger tun, als Ihm alles zu geben? Scheint dir nicht jedes selbstsüchtige Gefühl oder Gedanke, die völlige Übergabe zurückzuhalten, sündig und völlig unbefriedigend für deine Seele und für Gott?

Nun ist deine Aufgabe klar. Von nun an kannst du nicht weniger als dich ganz für Christus hingeben, und du kannst nicht weniger, als alles für Ihn tun. Als treuer Christ wirst du nicht weniger als deine Pflicht tun, seitdem dir diese Pflicht klar wurde.

Weil die Überzeugung auf Erkenntnis gründet, betrachte auch dies: Christi Werk geht so langsam voran, weil es so wenige ungeteilte Herzen oder völlig geweihte Seelen gibt, die für Ihn arbeiten, während Jesus erwartet, dass Ihm alle Gotteskinder von ganzem Herzen dienen.

Denke auch daran, dass die Sünde so vielen Herzen in der Welt schreckliche Wunden schlägt und das Leben so vieler Millionen ruiniert, wo doch Jesus starb, um sie alle zu erretten.

Was soll Jesus tun, wenn nicht eine größere Zahl Freiwilliger vorhanden ist, sein Werk weiterzutreiben? Denn jede geheiligte Seele gehört ganz dem Herrn und ist bereit, für Ihn alles zu tun.

Nachdem Jesus am Kreuz sein Leben gelassen hatte, fuhr Er gen Himmel. Eines Tages trat der Engel Gabriel zum Heiland und sagte:

– Meister, hast Du am Kreuz nicht furchtbare Schmerzen gelitten?

– Ja, – antwortete Jesus schlicht und ruhig.

– Und dieses Leiden nahmst du auf Dich, um Menschen zu Gott zu bringen, nicht wahr?

– Ja, – erwiderte Jesus.

– Wie viele Menschen wissen denn von Deinem Tod und Deinem Leiden, um sie zu erlösen? Wie sollen es die Sünder erfahren? Hast Du Dir nicht einen Plan gemacht? – fragte Gabriel.

– Ich habe es Petrus und seinem Bruder Andreas, Jakobus und Johannes und den übrigen der Zwölf befohlen, hinzugehen und den Leuten davon zu sagen, – antwortete Jesus.

– Aber wenn sie nicht gehen, – fragte Gabriel, – hast Du nicht noch irgendeinen andern Plan vorgesehen?

– Nein, Ich rechne auf sie, – sagte Jesus.

Das ist nur eine Legende, aber sie schildert, wie notwendig es für uns ist, für des Meisters Dienst bereit und ganz geweiht zu sein. Jesus rechnet auf uns!

So ziehst du also den Schluss, dich noch auf der Wüstenseite des Jordans zu befinden? Gut, danke dem Herrn, dass du aus dem Ägypten der Sünde heraus bist, dass durch die Rechtfertigung die Wüstenreise hinter dir und Kanaan, das herrliche Land, wo Mich und Honig fließt, gerade vor dir liegt. Nur der Jordan trennt dich noch davon. Gewiss, der Jordan fließt scheinbar jedes Mal stark über die Ufer, wenn Seelen sich aufmachen, ihn zu überqueren, genau wie es Israel in Josuas Tagen erging. Aber das ist nur eine notwendige Probe, um die Aufrichtigkeit und Tapferkeit der Seele zu prüfen.

Tausende sind im Namen Gottes unerschrocken mit ihren Füßen ins Wasser des Jordans getreten, um ihn zu überqueren. Du kannst sie auf der anderen Seite sehen. Fasse Mut, überquere den Jordan und gehe ins Kanaan der Seelenruhe ein!