Die Seinen führt er wunderbar

Eines Abends um 10 Uhr kam eine Ordonnanz (zu dienstlichen Zwecken abkommandierter Soldat (Anm. d. Red.)) und rief meinen Namen in den Unterstand, oder besser gesagt, in das Loch, in dem wir hausten. Verwundert hörte ich, dass ich sofort zum Kompanieführer kommen soll. Dieser gab mir Befehl, dass ich mich morgen früh bei dem Chef des Telefon-Bautrupps zu melden habe. Nun war mein Gebet um einen anderen Platz erhört. Wenn ich auch noch an der Front war, so brauchte  ich doch nicht mehr Posten zu stehen. Ich brachte die Nacht mit Loben und Danken zu: „Erkennet doch, dass der Herr seine Heiligen wunderbar führt; der Herr hört, wenn ich ihn anrufe“ (Ps. 4,3).

Am nächsten Morgen begann meine Ausbildung und bald durfte ich allein einen Abschnitt zur Aufrechterhaltung der Telefonverbindung übernehmen. Ich hatte an dieser Aufgabe viel Interesse und war mit meinem Los sehr zufrieden. Meinen Unterstand richtete ich mir häuslich ein, machte mir etwa einen Meter vom Boden eine Pritsche, auf der ich auch etwas Stroh, das ich gesammelt hatte, legen konnte. Die Lebensmittel hing ich vorsorglich an die Decke, um sie vor den Ratten zu schützen, denn diese gefräßigen Vierfüßler waren unsere ständigen Gäste. Der Unterstand war kalt und nass, denn darin stand tiefes Grundwasser. Doch wie froh war ich, wenigstens sechs Stunden in der Nacht schlafen zu dürfen!

Mein Dienst war besonders vor und nach den Beschießungen sehr anstrengend und gefahrvoll. Da war es unsere Aufgabe, immer die zerschossenen Telefonverbindungen mit den verschiedenen Kommandostellen in Ordnung zu halten. Dieses erforderte oft Mut, Unerschrockenheit und von mir ein besonderes Gottvertrauen. Bei einer besonders schweren und anhaltenden Beschießung waren einmal alle Verbindungen gestört. Wir hatten vorher mit viel Mühe und Sorgfalt ein ganzes Telefonnetz aufgebaut. Da waren Kabel mit 14 Strängen im Boden eingelassen, viele Fernleitungen, allerdings gut geschützt, Stränge mit Bleiumhüllung liefen kreuz und quer durch die Stellungen. Auch durch die zirka zehn Meter tiefen Stollen, die sich stundenweit an der Front hinzogen, waren unsere Leitungen gezogen. In diesen Stollen waren oft Wegweiser zur Orientierung angebracht, doch wir wussten darin gut Bescheid, weil wir viel darin gearbeitet hatten.

So saßen wir Bautrüppler während der Beschießung im Unterstand und warteten auf Befehle. Man erwartete den feindlichen Angriff. Da hieß es: „Verbindung herstellen von der ersten Linie nach dem Bataillons-Unterstand!“ Stumm schauten wir uns an. Wer wollte es wagen, bei diesem mörderischen Feuer ins Freie zu gehen? Der Befehl musste ausgeführt werden, wir durften nicht lange zögern. „Du verlässt dich doch auf Gott, so gehe du!“, sagten die Kameraden. Ich tat einen Glaubensblick zum Herrn und erhob mich schnell. Ein Kamerad, durch mein Beispiel ermutigt, erbot sich, mit mir zu gehen, denn die Arbeit konnte nur von Zweien ausgeführt werden. So stiegen wir, mit genügend Draht versehen, ins Freie. Da sah es böse aus. Über Trümmer von Holz und Stein, durch tiefe Löcher und aufgewühlte Erde zogen wir in aller Eile unsere Leitung, und in etwa einer halben Stunde war die Verbindung wieder hergestellt. Während der Arbeit flehte ich ernstlich zu Gott, und er hielt seine allmächtige Hand über uns, so dass uns nicht ein Haar gekrümmt werden durfte. Fröhlich konnte ich ihm wieder Lob und Dank sagen.

Bei meiner Verwundung hatte ich die Königlich Württembergische Verdienstmedaille für Tapferkeit und Treue erhalten. Für diese Leistung wurde mir das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen, wobei mein Vorgesetzter mir sagte, ich hätte es schon lange und reichlich verdient.