Das Arbeitsfeld dehnt sich aus

Wir verspürten es als die Führung des Herrn und siedelten im Herbst 1923 nach Natalien über. Geschwister Hinz übernahmen die Verantwortung und die Arbeit in Horschtschik. Nun wurde Natalien in dieser Gegend gewissermaßen zum Zentrum. Wir besuchten von dort aus die Versammlungen, die der Herr an mehreren Orten entstehen ließ. Darunter waren Wischkufka, Neu-Grüntal, Nikolajewka, Pinkim, Sisselufka, Shatkufka, Werufka, Michaelsdorf, Njeposnanez, bald auch Segenstal, Slabotka, Adolin, Annette und Mirjamin.

Dann fing der Herr an, auch in südöstlichen Richtung zu wirken. Etwa fünfzig Kilometer von Natalien entfernt entstanden große Erweckungen – besonders in Dubowa, dann auch in Lipowka, Heinrichowka, Luzie, Schöndorf und in den Nachbar­dörfern.

1925 hatten wir in Dubowa eine mehrtägige Versammlung, die für uns und die Umgebung dort zum großen Segen wurde. Anschließend hatten wir in Solodyri eine fünftägige Versammlung und ein bis fünf Tage auch in Diwlin und Neu-Grüntal.

Unter dem Volk herrschte ein großer Hunger nach dem reinen Evangelium. Oft baten wir unter Tränen, dass Gott mehr Arbeiter aussenden möge. In den Jahren 1926-1927 hat der Herr durch seine Diener auch in Russland viel gearbeitet. Mir persönlich lag mehr der Schriftenversand und die Korrespondenz an. Dazu hatte ich auch viel Reisen zu machen. In unserem Briefkasten fanden sich oft fünfzehn bis zwanzig Briefe. Es waren Einladungen nach verschiedenen Orten dabei, um dort das Evangelium zu verkünden. Doch konnte ich unmöglich allen Folge leisten. Es fehlte an Bibeln, Liederbüchern und guten geistlichen Büchern. Auch die liebe „Evangeliums-Posaune“ vermissten wir sehr. Wenn wir manchmal Teile davon in den Briefen mitbekamen oder gar ganze Ausgaben, wanderten diese bei den Geschwistern von Hand zu Hand bis sie ganz zerlesen waren.

Nachfolgend ein kleiner Bericht von 1925, den ich damals von der Arbeit dort gab: „Ich freue mich, dass ich für ihn, den Allmächtigen, wo er es zulässt, auch leiden darf. Gepriesen sei der Herr!

 

Die Arbeit scheint zu Zeiten schwer,

Doch unsre Freud ist groß:

In trüben Stunden hilft der Herr,

In Trübsal gibt er Trost!

 

Ein großes Werk begann hier in Russland. Die finsteren Mächte und die Trennungswände zittern. Betet für uns! Auch unser Gebet ist, dass der Herr sein Volk durch einen Geist verbinden möchte. Täglich gehen wir mit Gottes Hilfe ins „Feld“, bei Sonnenschein und Regen. Am 3. Mai hatten wir hier in Natalien eine große Versammlung und auch Taufe. Danach, vom 7. bis zum 10. Mai, war eine dreitägige Versammlung in Dubowa. Besonders am Sonntagnachmittag hatten wir zahlreichen Besuch. Obwohl die Geschwister einen Saal für 350 Personen gerichtet haben, mussten an diesem Sonntag doch viele draußen stehen. Am gleichen Tag feierten wir die Verordnungen und hielten auch Taufe.

Am 11. Mai begab ich mich auf den Weg zur Versammlung nach Odessa/Chutor-Lubin, die vom 15. bis 21. Mai stattfand. Eine große Anzahl Leute waren versammelt. Manche Geschwister und Wahrheitssuchende reisten dazu bis 100 km weit. Vier Fuhren kamen aus einer großen Kolonie namens Berlin. Sie machten einen Weg von etwa 70 km. Bruder Meßner, gewesener Küster in der dortigen Kirche, wurde nun hier getauft. Schon über ein Jahr predigt er das Licht der gegenwärtigen Wahrheit in der kleinen Versammlung der „Heiligen“, wie man sie in dieser Gegend nannte. Der Weinberg ist jung, muss begossen und bedient werden. O, wie viel Arbeit! In Neusatz weilte ich etwa 2 Tage und in Hoffnungstal über 2 Tage; auch Torosow hatte ich besucht. Hin und wieder zeigen sich Arbeiter, die auch Hilfe und Gnade nötig haben. Zu Pfingsten weilte ich wieder in Natalien und Umgebung.“ R. M.

In jener Zeit, als wir auch mit den russischen Gläubigen und den Geschwistern aus den verschiedensten Gegenden in inniger Harmonie die Gemeinschaft pflegten, schrieb ich folgendes Lied. Es wurde nachher in den Gemeinden vierstimmig gesungen:

 

Die Einheit Christi pred’gen wir –

Gemeinde unsres Herrn.

Das ist der Fels in Gottes Lehr’,

Bestätigt nah und fern.

 

Chor:

Gebt Raum, ihr Völker, unserem Schritt,

Wir ziehen durch das Land.

Wer in Gemeinschaft mit dem Herrn,

Geht mit uns Hand in Hand!

 

Die Arbeit scheint zu Zeiten schwer,

Doch unsre Freud ist groß:

In schweren Stunden hilft der Herr,

In Trübsal gibt er Trost!

 

Und ob der Teufel es versucht,

Zu stören die Gemeind’,

Wir schlagen all sein Heer in Flucht,

Wenn wir im Geist vereint!

 

Mit Schild an Schild und Speer an Speer

Ziehn mutig wir ins Feld.

Denn Jesus sagt: Du kleine Herd,

Sei furchtlos vor der Welt!

 

So, Brüder, Schwestern, seid vereint,

Zu wirken für sein Reich!

In letzter Zeit erschrak der Feind,

Mit ihm die Welt zugleich.