Zauberei

In 5. Mose 18 werden weiter die Zauberer genannt. Was ist darunter zu verstehen?
Die Zauberei ist mit der Wahrsagerei darin eins, daß der von Gott abgefallene Mensch auf einem von Gott verbotenen und verschlossenen Wege - also in fortgesetztem Ungehorsam wider Gott - sich über die Schranken hinwegzusetzen sucht, die unserm natürlichen Wissen und Wirken gezogen sind. So verübt die Zauberei gewissermaßen einen Einbruch in verschlossene Gebiete, um etwas an sich zu reißen, was Gott verboten hat. Während sich die Wahrsagerei mehr auf das Wissen bezieht - man will wissen, wie es in der Zukunft sein wird, man will wissen, wie dies und jenes ablaufen wird-, so bezieht sich die Zauberei mehr auf das Tun. Der Zauberer tut etwas, er wirkt, er handelt. Um außerordentliche Wirkungen hervorzubringen, sucht der Zauberer Mächte und Kräfte in seinen Dienst zu zwingen, die über das von Gott den Menschen verliehene Maß hinausgehen. Da diese Wirkungen dem Willen Gottes zuwiderlaufen, da sie nicht zur Ehre Gottes und zur Ausbreitung seines Reiches geschehen, sondern zur Befriedigung des Eigenwillens, eigener selbstsüchtiger Wünsche, so können diese Mächte keine göttlichen, diese Kräfte keine Lichtskräfte sein. Es sind Kräfte der Finsternis, es sind satanische Mächte. In 2. Thess. 2, 9 redet Paulus von einer »Wirkung des Satans mit allerlei lügenhaften Kräften und Zeichen und Wundern«.
Diese satanischen Kräfte lassen sich gern gebrauchen, sie kommen dem, der mit ihnen Gemeinschaft sucht, bereitwillig entgegen. Auch die Teufel sind - wie die Engel - dienstbare Geister. Aber während die Engel ausgesandt werden zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit, treten die Teufel in den Dienst derer, die verloren werden. So fährt Paulus in 2. Thess. 2, 10 fort: ». . . und mit allerlei Verführung zur Ungerechtigkeit unter denen, die verloren werden . . .«
Darum sind nicht nur die Mittel, die angewandt werden, um diese Wirkungen hervorzubringen, böse und gottwidrig, sondern auch diese Wirkungen selber. Denn sie geschehen immer zu Zwecken, die Gott nicht will. Das ist selbst dann der Fall, wenn diese Zwecke scheinbar gut sind, weil es sich um die Erlangung von etwas Gutem oder um die Entfernung von etwas Üblem handelt. Letzteres kann doch nur dann gut sein, wenn es mit dem Willen Gottes übereinstimmt, auf dem von Gott geordneten Weg des gläubigen Gebets geschieht und dabei Gottes Wort und Name nach seinem ausdrücklichen Willen gebraucht werden.
Gott hat einem Menschen aus weisen Gründen irgendein Kreuz auferlegt. Er hat ihm eine Krankheit geschickt, um ihn dadurch zu sich zu ziehen. Anstatt aber diesen göttlichen Liebeszügen zu folgen und sich durch das Leid segnen zu lassen, sucht man es loszuwerden. Da man diese Hilfe nicht von Gott erreichen kann, wendet man sich an den Teufel. Man umgeht also die Buße, die Gott wirken wollte, man umgeht das Gebet, das Gott wecken wollte, und sucht auf dem eigenwilligen Weg der Zauberei das Übel loszuwerden. Ebenso ist es mit dem Guten, das Gott dem Menschen in erzieherischer Absicht vorenthält. Man will es doch haben, und da Gott es nicht gibt, wird es erzwungen und ertrotzt auf dem Wege der Zauberei.
Der tiefste Sinn der Zauberei ist also der: man will etwas haben, was Gott - aus Weisheit und Liebe - versagt hat. Zaubern ist viel bequemer und leichter für den natürlichen Menschen als Buße tun, sich zu Gott bekehren, im Glauben dulden und mit Gottes Fügung einverstanden sein. Und der Teufel läßt sich nur zu gern darauf ein, sich für gottwidrige Zwecke gebrauchen zu lassen, denn aus dieser Umgehung der göttlichen Wege zieht er seinen Nutzen. Er bietet seine Hilfe nicht umsonst. Scheinbar wird der Teufel von dem Zauberer gezwungen, ihm zu Willen zu sein; in Wirklichkeit gehorcht der Teufel aus freien Stücken, weil er auf diese Weise nicht nur den Zauberer selber, sondern auch den, der die Hilfe des Zauberers in Anspruch nimmt, in seine Gewalt bekommt.
Weil die Absicht des Teufels letzten Endes aber die ist, Seelen zu verderben, so ist auch die Spitze der Zauberei, Seelen Schaden zuzufügen und ihnen Übles zu tun. Das nennt man die »schwarze Magie«.
Müssen wir uns davor fürchten? Gott sei Dank, nein! Stehen wir unter der Deckung des Blutes Jesu, dann kann uns keine Macht der Hölle etwas anhaben. Folgen wir als gehorsame Schafe dem guten Hirten nach, dann haben wir sein Verheißungswort: »Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie und sie folgen mir. Und ich gebe ihnen das ewige Leben und sie werden nimmermehr umkommen und niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen«. Auf dem Felsen der Gnade, unter der Deckung des Blutes, unter den ewigen Armen - brauchen wir uns vor Zauberei und Teufelsspuk nicht zu fürchten.
Um den Teufel zu »bannen«, gebrauchte der Zauberer vornehmlich Beschwörungsformeln, daneben auch allerlei andere Mittel, Räuchern, tierische Stoffe wie Fischleber, Frösche, Menschengebeine, Zauberkräuter, Zaubertränke, Zauberstäbe und dergleichen. Da der Teufel sich gern in einen Engel des Lichts verstellt und darum auch versteht, die Zwecke und Mittel der Zauberei als göttliche vorzuspiegeln, so ist es leicht zu verstehen, daß der, welcher seine Zuflucht zu einem Zauberer nimmt, längst nicht immer das Bewußtsein hat, daß es sich dabei um Zauberei handelt. Ja, dies Bewußtsein wird nur in den seltensten Fällen vorhanden sein. Manchmal wird dies Bewußtsein sogar dem Zauberer selber fehlen. Was nur durch Vermittlung einer teuflischen Macht geschehen kann, schreibt man entweder der Macht Gottes zu, an die man sich doch gar nicht gewendet hat, oder man meint, es sei die Wirkung der Zauberformel oder des sonstigen Zaubermittels.
Da die schwarze Magie den Menschen Schaden zuzufügen trachtet, so suchte man sich dagegen zu schützen - aber doch wieder auf eine satanische, nicht auf eine göttliche Weise. Man verwendete zu diesem Zweck Amulette und Talismane. Die in Jes. 3, 20 genannten Ohrenspangen, denen wir auch 1. Mose 35, 4 begegnen, sowie auch Fingerringe trug man als Amulette. Auf dem Metall oder Stein dieser Ringe und Spangen waren gewisse Buchstaben oder Zeichen eingegraben, die die Kraft haben sollten, der Zauberei entgegenzuwirken und böse Geister zu vertreiben. Schreibt man den Edelsteinen, die man als Schmuck heute trägt, nicht auch schicksalhafte Kräfte zu, wenn man sie wählt nach dem Sternzeichen, unter dem einer geboren ist?
So stellt sich die moderne Anwendung der Astrologie »Sympathie«, das »Besprechen« oder »Brauchen« oder »Büßen« und wie man es sonst nennen mag, ganz regelecht als eine Form der Zauberei dar. Man sucht etwas Gutes zu erlangen, etwa das Gut der Gesundheit, aber nicht auf dem biblischen und göttlichen Weg der Beugung unter den Willen Gottes, der Buße, des Gebets, sondern auf dem Eigenwilligen Weg der Zauberei. Man sucht etwas Böses zu entfernen oder etwas Bösem auszuweichen, aber nicht in den Linien Gottes, sondern auf dem Weg des Teufels. Was Gott versagt und vorenthält, das muß der Teufel geben. Auch das christliche Beiwerk, wie der Gebrauch der drei höchsten Namen, des Namens Jesu, gewisser Gebetsformeln, des Vaterunsers ändert nichts an der Tatsache, daß wir es hier mit einem Stück Heidentum zu tun haben. Es ist Zauberei, wenn man es auch »Segensprechen« nennt. Luther hat recht, wenn er warnt: »Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir bei seinem Namen nicht zaubern.« Satan bleibt Satan, auch wenn er Bibelworte im Munde führt. Das hat er bei der Versuchung Jesu in der Wüste bewiesen. Die Magd in Philippi führte auch fromme Reden, und doch war es ein böser Geist, der aus ihr redete.
Daß es sich bei der »Sympathie« in der Tat um die Wirkung finsterer Mächte handelt, das geht auch daraus hervor, daß solche, die durch Zauberei und Besprechen von einer Krankheit geheilt wurden, sofort wieder erkrankten, als sie sich bekehrten und den Herrn baten, sie von dem Banne des Teufels zu befreien.
Es wäre noch viel zu sagen über die Zauberei in den verschiedenen Völkern des Altertums, wovon die Bibel uns berichtet. Aber das würde über den Rahmen meiner Aufgabe hinausgehen. Sowohl bei den Ägyptern wie bei den Babyloniern finden wir die Zauberei in Blüte, nicht minder auch in Griechenland. Sogar in Israel, das es doch besser hätte wissen können, finden wir die Zauberei sehr verbreitet. Gleich nachdem das Christentum über Jerusalem hinausgeht, tritt ihm der Zauberer Simon entgegen (Apg. 8, 9 ff.), und als Paulus seine erste Missionsreise macht, begegnet er alsbald dem Zauberer Bar-Jesus (Apg. 13,6 ff.).
Paulus bezeugt in Gal. 5, 20, daß die Zauberei zu den Werken des Fleisches gehöre, von denen er sagt: »Die solches tun, werden das Reich Gottes nicht erben.« Die Offenbarung sagt, daß der Zauberer Teil in dem Pfuhl sein wird, der mit Feuer und Schwefel brennt (Offb. 21,8), daß sie ausgeschlossen sind von dem himmlischen Jerusalem [Offb. 22, 15).
Aber trotz dieser ernsten Mahnungen im Worte Gottes ging die Zauberei in der Christenheit weiter. Wir haben dafür gewichtige Zeugnisse der Kirchenväter, wie z. B. eines Chrysostomus, der gesagt hat: »Du gebrauchst nicht nur Amulette, sondern auch Zauberformeln, indem du trunkene und taumelnde alte Weiber in dein Haus einführst. Und du schämst dich nicht, dich zu solchen Dingen zu wenden? Man glaubt sich damit zu entschuldigen, daß das Weib eine Christin ist und nichts anderes spricht als den Namen Gottes. Gerade deshalb hasse und verabscheue ich sie desto mehr, weil sie den Namen Gottes schändet, und während sie sich eine Christin nennt, heidnische Werke treibt.«
Ein anderes Mal sagt er: »Die Priester hängen den Menschen Schutzmittel um den Hals, einige ein Stück des Evangeliums. Sage, du törichter Priester, wird nicht täglich das Evangelium in der Kirche gelesen und gehört? Wenn nun das Evangelium, das zu seinen Ohren dringt, nichts nützt, wie wird es ihn retten, wo es ihm um den Hals gehängt ist? Ferner: Worin besteht die Kraft des Evangeliums? Im geschriebenen Buchstaben oder im Geiste? Wenn im Buchstaben, dann hängst du es füglich um den Hals, wenn aber im Geist, dann ist es heilsamer, wenn du es zu Herzen nimmst, als wenn du es um den Hals hängst.«
Aber alles Reden und Schreiben gegen Amulette und andere Schutzmittel hat nichts genutzt. Bis auf den heutigen Tag sind sie gesucht. Soldaten sind mit ihren »Himmelsbriefen« in den Krieg gezogen und haben gemeint, sich dadurch hieb- und schußfest machen zu können, und zahllose Menschen tragen allerlei Kapseln und Amulette an sich herum, um dadurch gefeit zu sein gegen Unfälle und finstere Mächte - und sie ahnen nicht, daß sie gerade dadurch den finsteren Mächten verfallen!
Ach, daß Gott Licht geben könnte über das unheimliche Gebiet der Zauberei, das so sehr verbreitet ist - auch weithin in der sogenannten Christenheit!