Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden

Der Herr führte mich Wege, die durch das Tal der Demut gingen. Davon habe ich zuvor schon einiges berichtet. Doch gab Gott Gnade, mich zu fügen. Die Folge davon war, dass die Prediger, meine geistlichen Väter und insbesondere die Gemeinde in Essen großes Vertrauen zu mir gewannen. Dies geschah nach etwa 5-6 Jahren, seit ich unter ihnen lebte. Die damaligen Prediger ermutigten mich zum Dienst am Wort. Und als im Jahre 1910 vorübergehend keiner der älteren Brüder anwesend war, schenkten sie mir und meiner Frau das Vertrauen und übergaben uns für ein Vierteljahr die Führung des Missionsheimes in Essen. Damals standen wir im 23. und 24. Lebensjahr. Damit übertrugen sie alles auf meinen Namen: das Heim, die Kasse und die Korrespondenz. Damals bestand für das Werk noch kein spezieller Verein, darum lief alles auf den Namen des Predigers, der mit der Führung betraut war. Das waren solche Brüder, die das allgemeine Vertrauen besaßen, sowie die Brüder Vielguth, Arbeiter und Doebert. Während des 1. Weltkrieges übergab man das Missionsheim Schw. Helene Wehking und danach übernahmen wir die Führung des Werkes und des Missionsheimes. Diese Aufgabe erfüllte ich außer dem Dienst in der Gemeinde Essen mehrere Jahre lang.

Dann aber hatte ich den Eindruck, dass es der geistlichen Entwicklung mehr dienen würde, wenn ich die geschäftlichen Angelegenheiten jemand anders übergeben könnte. Folglich gab ich freiwillig und ganz unbeeinflusst die geschäftlichen Angelegenheiten in die Hände von Br. Ferdinand Huber, der dann mit seiner Frau zu dem Zweck aus der Schweiz nach Deutschland zog. Unter der Leitung von Geschwister Huber wurde dann die Zentrale nach Kassel-Kirchdetmold verlegt, wo auch ein Haus dafür errichtet wurde. Für die Entwicklung der Gemeindearbeit in Essen und Umgebung und auch für mich persönlich erwies sich dieser Schritt als ein großer Segen. Nun konnte ich mich ganz dem Predigtamt und dem Dienst in den Gemeinden widmen und in der Folge konnten wir, wie schon berichtet, neue Versammlungen eröffnen.

Mit der Zeit entwickelte sich Br. August Borbe so, dass ich ihm die Schriftleitung der Evangeliums-Posaune, die in Deutschland herausgegeben wurde, übergeben konnte. Es zeigte sich auch, dass Br. Borbe darin sehr fähig war.

Jene Zeit in Deutschland nahm dann solche Formen an, die als Hitler-Periode bekannt ist. Deshalb erachtete ich es für ratsam, alle meine Ämter aufzugeben, damit dem Werk durch meine israelische Abstammung kein Schaden entstehe. Es kam dann soweit, dass ich in 1933 ganz freiwillig auch als Prediger der Gemeinde in Essen zurücktrat. Ich bat Br. Walter Waurich, offiziell meinen Platz und die Verantwortung dafür zu übernehmen, und ich war dann nur sein Stellvertreter. Früher war ich die Evangeliums-Leiter hochgestiegen und kam durch das Vertrauen an die erste Stelle im Werk. Dann stieg ich wieder, ohne von den Brüdern gedrängt zu werden, aus Liebe zu dem Werke herunter. Jesus und seine Gemeinde waren mir Herzenssache und ich wünschte, dass unser Werk ohne Schaden davonkäme, auch wenn dies mein persönlicher Nachteil wäre.