Der Brustpanzer der Gerechtigkeit

Das zweite Stück der Waffenrüstung Gottes ist der Brustpanzer der Gerechtigkeit. Der Brustpanzer war ein besonders wichtiges Stück der Waffenrüstung, weil er die edelsten Teile des Körpers bedeckte und schützte. Dasselbe müssen wir von dem geistlichen Brustpanzer der Gerechtigkeit sagen. Er ist für den Streiter Jesu Christi ein unentbehrliches Stück, ohne das wir dem Feind gegenüber schutzlos dastehen würden.

Selbstverständlich versteht der Apostel unter der Gerechtigkeit nicht menschliche, sondern göttliche Gerechtigkeit, die Gerechtigkeit des Glaubens. Keine eigene Gerechtigkeit könnte uns dem Feinde gegenüber decken. Er würde bei dem ernstesten Menschen immer noch eine Blöße finden, die ihm zum Angriffspunkt dienen würde. Aber im Brustpanzer der Gerechtigkeit Gottes sind wir völlig sicher, er deckt Herz und Gewissen nicht nur vor des Feindes Augen, sondern vor Gottes heiligen Augen.

Der Apostel sagt in Röm 4,25, dass Christus um unserer Sünden willen dahingegeben und um unserer Gerechtigkeit willen auferweckt wurde. Die Auferstehung Jesu Christi von den Toten ist zunächst die göttliche Erweisung seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit (Röm 1,4; Apg 2,27). Daraus folgt, dass das Sühnopfer Jesu am Kreuz, das er für uns darbrachte, ein heiliges und vollkommenes Opfer war. Wie auch Hebr 9,14 klar bezeugt: „Wie viel mehr wird das Blut des Christus, der sich selbst durch den ewigen Geist als ein makelloses Opfer Gott dargebracht hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, damit ihr dem lebendigen Gott dienen könnt.“ So bezeugt Gott durch die Auferstehung seines Sohnes, dass er das Opfer auf Golgatha angenommen hat, und dass er allen, die nicht mit Werken umgehen, sondern an den glauben, der die Gottlosen gerecht macht, ihren Glauben zur Gerechtigkeit rechnet (Röm 4,5).

Diese Gerechtigkeit, die Christus, unser Mittler und Stellvertreter, uns erworben hat, ist eine vollkommene, Herz und Gewissen stillende Gerechtigkeit. Von ihr ruft der Apostel in Röm 8,31–34 triumphierend aus: „Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein? Er, der sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht auch alles schenken? Wer will gegen die Auserwählten Gottes Anklage erheben? Gott [ist es doch], der rechtfertigt! Wer will verurteilen? Christus [ist es doch], der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der auch zur Rechten Gottes ist, der auch für uns eintritt!“

Wie wir durch die Auferstehung Jesu Christi als Gerechte dargestellt werden, so bezeugt auch der Heilige Geist allen an den gekreuzigten und auferstandenen Heiland Gläubigen, dass Gott sie gerechtfertigt hat. Der Apostel schreibt in Röm 5,1–2: „Da wir nun aus Glauben gerechtfertigt sind, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir im Glauben auch Zugang erlangt haben zu der Gnade, in der wir stehen, und wir rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes.“

Wir können es als Tatsachen erfahren, dass das Blut Jesu Christi unser Gewissen stillt (Hebr 9,14; 10,22), so dass es uns nicht mehr verdammt, und dass der Friede Gottes in unseren Herzen wohnt, seit wir gläubig wurden. Diese beiden Erfahrungstatsachen sind ein Zeugnis des Heiligen Geistes in unseren Herzen, nämlich dass wir durch den Glauben an Christus gerechtfertigt sind. Wir selber konnten unser Gewissen nicht stillen. Der Friede Gottes in unseren Herzen ist nicht unser eigenes Werk. Beides ist das Zeugnis Gottes in unseren Herzen durch seinen Heiligen Geist.

Darum rühmen wir die überschwängliche Gnade Gottes, die uns in der Rechtfertigung nicht nur Vergebung der Sünden, sondern auch die Gemeinschaft mit Gott geschenkt hat. Deshalb haben wir täglich Zugang zum Gnadenthron und besitzen durch unsere Rechtfertigung die „Anzahlung“ der Hoffnung auf unsere zukünftige Herrlichkeit. So ist uns die Gerechtigkeit des Glaubens, die wir aus Gnaden durch Christus haben, kein äußerer, sondern ein tief innerlicher Vorgang. Dadurch stehen wir der Sünde, der bösen Welt und dem Teufel gegenüber nicht mehr allein da und müssen nicht den Kampf durch gute Vorsätze in eigener Kraft führen. Nein, Gott ist für uns. Gott ist mit uns in Christus, an den wir glauben. Seine Gerechtigkeit deckt uns gegen alle Anklagen des Teufels. Er hat kein Recht mehr an uns, seit wir durch den Glauben in Christus Jesus sind. Durch unsere Rechtfertigung haben wir eine neue Stellung bekommen, die Stellung in Christus. Sie ist unsere Macht. Und solange wir in Christus bleiben, der Sünde, Tod, Teufel und Hölle überwunden hat, bleiben wir Sieger. Darum preisen wir den Herrn für seinen Brustpanzer der Gerechtigkeit.

Nur die Menschen können diesen Brustpanzer der Gerechtigkeit anziehen, die ihre eigene Gerechtigkeit als ein beflecktes Kleid erkannt haben. Diese Erkenntnis leuchtet dem natürlichen, besonders dem ehrbaren Menschen sehr schwer ein, weil es nicht seine Art ist, sich in der Gerechtigkeit Gottes zu spiegeln, sondern sich mit solchen zu vergleichen, die schlimmer sind als er selbst. Nur der Heilige Geist mit seinem Licht und seiner Wahrheit kann uns Menschenkindern unsere eigene Gerechtigkeit zum Ekel machen, indem er uns das Geheimnis des Kreuzes Jesu Christi offenbart. Nach Röm 3,25–26 hat der gerechte Gott seine Gerechtigkeit am Kreuze Jesu erwiesen, indem er dort das Gericht über alle menschliche Sünde und Ungerechtigkeit an unserem Mittler und Stellvertreter vollzog. Wer der Gerechtigkeit Gottes die Ehre gibt und sich als ein Ungerechter unter Gottes Gericht am Kreuz Jesu beugt, der ist dankbar, wenn Gott ihn um Jesu Christi willen für einen Gerechten erklärt und ihm die Gerechtigkeit Jesu Christi aus Gnaden zurechnet.

Wir würden aber unserem Text nicht gerecht werden, wenn wir glauben würden, die Worte „angetan mit dem Brustpanzer der Gerechtigkeit“ seien zunächst an solche gerichtet, welche die Rechtfertigung durch den Glauben erst erfahren müssten. Nein, sie sind an die gläubigen Epheser gerichtet, die durch den Glauben an Jesus Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen, gerecht geworden waren. Ihnen will der Apostel sagen: „Bleibt in der euch geschenkten Gerechtigkeit, haltet sie fest in allen Versuchungen und Anfechtungen und wisst, dass nichts Verdammliches an denen ist, die in Christus Jesus sind. Dann seid und bleibt ihr geborgen und geht als Sieger aus allen Kämpfen hervor. Lasst euch eure Rechtfertigung auch nicht streitig machen, durch die euch noch anklebenden Schwachheiten, sondern fliehet immer wieder an das Kreuz Jesu, damit der Heiligen Siegesgesang euer Triumphlied bleibe: ‚Und sie haben ihn überwunden um des Blutes des Lammes willen‘ (Offb 12,11).“