Wie der Herr einen Mordanschlag vereitelte

Schon bald, nachdem ich in das Verlagswerk eingetreten war, hatte ich ein Erlebnis, an das ich mich noch heute sehr lebhaft erinnern kann. Damals hielten die Brüder Speck und Kilpatrick Gottesdienste in Kansas und Nebraska. Ein Mann namens Wyrick besuchte einen dieser Gottesdienste. Er hatte ein gar hohes Bekenntnis und nannte sich ein Prediger des Evangeliums. Sein Leben jedoch stand mit diesem Bekenntnis nicht im Einklang und unter dem Wort Gottes begannen seine Taten offenbar zu werden. Die Brüder fanden, dass er mehr ein Dämon als ein Mann Gottes war. Unter anderem wurde bekannt, dass er seine Frau misshandelte und oft schlug. Von Herzen gern wäre sie ein Kind Gottes geworden und aus diesem Grund kam sie nach vorn, um Frieden mit Gott zu finden. Aber dann erschien ihr Mann mit einem Stock in der Hand und befahl ihr, den Versammlungsort zu verlassen und nach Hause zu gehen. Durch sein Auftreten verursachte er natürlich große Unruhe in der Versammlung. Flehentlich bat seine Frau dann eine der Schwestern, sie nach Hause zu begleiten, da sie sonst den Misshandlungen ihres Mannes ausgesetzt wäre. Dieser Mensch machte noch weitere Anstrengungen, die Gottesdienste zu stören und bedrohte sogar das Leben der Prediger.

Als dann die Brüder einen Bericht über diese Gottesdienste anfertigten, wurde auch jener Mann in gebührender Weise gekennzeichnet, damit nicht noch andere Gottesdienste von ihm belästigt würden. Denn er hatte bereits Vorbereitungen getroffen, auch an anderen Orten sein Unwesen zu treiben. In der Nacht, die der Veröffentlichung jenes Berichtes folgte, hatte ich einen seltsamen Traum. Ich befand mich in der Stadt Rockford III. und ging, ohne an Gefahr zu denken, die Straße entlang, als ich Wyrick begegnete. Mit einem großen Messer oder Dolch stürzte er auf mich, wohl in der Absicht, mich zu töten. Als ich mich umwandte, wurde ich am Arm gegriffen und mit solcher Geschwindigkeit hinweggerückt, dass jener Mann nicht folgen konnte. Als ich dann in Sicherheit war, verließ mich mein Retter wieder plötzlich. Ich setzte meinen Weg weiter fort, um in einer anderen Straße wieder auf meinen Gegner zu stoßen, der nun mit noch größerer Wut auf mich stürzte. Wiederum erschien mein Freund und brachte mich auf die gleiche Art wie vorher in Sicherheit, um dann wiederum zu verschwinden. Ich konnte meinen Retter nicht erkennen, aber es schien, als sei es ein Engel, den der Herr sandte, um mich aus der großen Gefahr zu erretten. Dann wachte ich auf.

Es war ja nur ein Traum, dachte ich, vergaß jedoch das Erlebnis jenes Traumes nicht so bald. Niemals hatte ich diesen Mann gesehen, der mir nach dem Leben trachtete, und noch nie war ich in jener Stadt gewesen. Als Wyrick begann, sein Unwesen bei uns zu treiben, blieb ich zunächst von seinen Anfeindungen verschont. Seine Bosheit entlud sich meistens gegen die Prediger und den Schriftleiter, die ihn in dem erwähnten Bericht bloßgestellt hatten. Aber zwei Jahre später erhielt ich von ihm eine Karte. Sie enthielt Drohungen gegen die Brüder und nur das Gesetz, so schrieb er, hielt ihn ab, dafür zu sorgen, dass der Schriftleiter und die drei Prediger in ihren Gräbern moderten.

Sieben Jahre nachdem ich den Traum gehabt hatte, traf ich den Mann. Er erschien auf einer Lagerversammlung, die in der Nähe von Grand Junction, Michigan, gehalten wurde. Schon gleich nach seiner Ankunft auf dem Bahnhof begann er inmitten der Menschenmenge mit einem großen Wortschwall gegen den Schriftleiter und die Prediger zu schimpfen. Er beschuldigte sie aller möglichen Vergehen und gab die Absicht kund, dass er sie von der Kanzel aus bloßstellen wolle. Er lud alle ein, zum Morgengottesdienst zu kommen, um seine Ausführungen anzuhören.

Unser Büro war ganz in der Nähe des Bahnhofs, so dass ich sogleich von den boshaften Absichten dieses Mannes Kenntnis erhielt. Mit der Karte, die er mir vor fünf Jahren geschrieben hatte, ging ich zu ihm, während er noch inmitten der Menschenmenge stand. Als ich ihn fragte, ob er diese Karte kenne, warf er einen Blick auf sie und sagte dann: „Ja, das ist meine Schrift.“

„Sie schrieben also die Karte, wie Sie selbst sagen.“

„Ja“, entgegnete er und griff danach.

Ich hielt sie jedoch zurück und sprach: „Der Inhalt dieser Karte, die mir durch die Post der Vereinigten Staaten zugestellt wurde, genügt, um Sie ins Gefängnis zu bringen.“ Ich ließ ihn dann stehen und entfernte mich. Die Menge aber lachte ihn aus und machte sich über ihn dermaßen lustig, dass er ganz bestürzt wurde. Nach einigen vergeblichen Versuchen, die Leute aufzuklären, begab er sich zum Versammlungsplatz, nachdem er die Menge noch aufgefordert hatte, ihm zu folgen.

Die Versammelten sangen bereits ein Lied, als er erschien. Der große Versammlungsraum war fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Nur einige waren ihm aus Neugierde gefolgt. Der Platzanweiser geleitete ihn bis an das Rednerpult und bot ihm hier einen Platz an. Somit hatte er eine günstige Gelegenheit, sein Vorhaben auszuführen. Nach der Predigt wurden die Versammelten aufgefordert, Zeugnisse abzulegen oder auch sonst zu dem Gehörten Stellung zu nehmen. Doch jener Mann saß wie gebannt auf seinem Platz.

Nachdem der eine oder andere ein kurzes Zeugnis abgelegt hatte, war der Gottesdienst beendet. Ganz still verließ auch dieser Mann den Versammlungsraum. Draußen wurde er dann gefragt, warum er seine Absicht nicht verwirklicht hatte. Die Gelegenheit wäre für ihn nicht günstig gewesen, sagte er. Das Beste wäre, bis zum Nachmittagsgottesdienst zu warten. Aber auch dieser Gottesdienst verlief ohne jede Störung. Da er wiederum mit Fragen bestürmt wurde, vertröstete er die Menge bis zum Abend. Der Abendgottesdienst nahm seinen Verlauf und Wyrick blieb ganz still und ruhig auf seinem Platz. Der Geist und die Kraft Gottes waren in jenen Gottesdiensten so mächtig und redeten so gewaltig, dass der Mann einfach zum Schweigen verurteilt war. Und als Wyrick wohl die Nutzlosigkeit seines Vorhabens einsah, verließ er die Lagerversammlung und kehrte während der ganzen Zeit nicht mehr zurück.

Wenige Wochen später benachrichtigte er mich in einem Brief, dass er sich 40 Meilen von unserer Stadt entfernt befinde und ohne Geld sei. Dann folgten wiederum allerlei Verdächtigungen gegen unsere Prediger und die Drohung, wenn ich ihm nicht sogleich 50 Dollar zusenden würde, wolle er dafür sorgen, dass mehrere Prediger hinter Schloss und Riegel kämen. Sicherlich wollte er uns dadurch erschrecken und einschüchtern, um den genannten Betrag von uns zu erpressen. Ich schrieb ihm dann, je eher er die Schuldigen zur Bestrafung bringen würde, desto besser wäre es, und wenn er es nicht machen würde, wäre er mitschuldig.

Lange hörten wir dann nichts mehr von ihm. Als ich dann eines Tages in meine Arbeit vertieft war, schritt ein scharf dreinblickender Herr durch die offene Tür meines Zimmers und begrüßte mich mit folgenden Worten: „Ich bin ein Detektiv der Vereinigten Staaten und weiß, dass Sie hier betrügerische Geschäfte treiben. Ich bin gekommen, bei Ihnen eine Hausdurchsuchung vorzunehmen.“

Blitzartig schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass Wyrick der Anstifter sei. Jedenfalls wusste ich, dass die Anschuldigung ein großes Unrecht war und wir unseren Geschäftsbetrieb mit ruhigem Gewissen einer Untersuchung unterstellen konnten. Mit den Worten: „Wir freuen uns immer, wenn jemand kommt, um unser Werk zu besichtigen“, lud ich ihn ein, doch näherzutreten. Auf meine Bitte, Platz zu nehmen, gab er uns zu verstehen, dass er keine Zeit habe und dass sein Auftrag dringend und sehr wichtig sei. Nachdem er den Zweck seiner Anwesenheit noch einmal wiederholt hatte, wurde ihm gesagt, dass ihm das ganze Haus vom Keller bis zum Dachboden zur Verfügung stände. Er könnte seine Untersuchung allein oder auch in Begleitung vornehmen. Auch unsere Bücher und Geschäftsvorgänge würden wir ihm gern zur Prüfung vorlegen.

Diese Antwort schien ihn zu beruhigen. Dann fragte ich ihn, wer die Ursache seines Kommens sei, worauf er dann endlich bekannte, dass Herr Wyrick Anzeige gegen uns erstattet hatte. Dann nahm ich aus meinem Schreibpult einen Brief, den ich vor einiger Zeit von Wyrick erhalten hatte. Die Versendung von derartigen Inhalten durch die Post wurde strafrechtlich verfolgt. Als ich dem Detektiv diesen Brief vorlegte, schien er zunächst gar kein Interesse dafür zu haben und meinte, er hätte keine Zeit, auch noch solche Briefe zu prüfen. Außerdem ständen ihm genügend Beweise gegen uns zur Verfügung. Ich aber sagte, indem ich ihm den Brief vor die Augen hielt:

„Sie werden an der Schrift bestimmt feststellen, dass er von demselben Schreiber herrührt wie der, den Sie in Ihrem Besitz haben.“ Dies musste er zugeben und nun las ich ihm einige besonders packende Sätze aus dem Brief vor, worauf er zugänglicher wurde. Ich holte dann die Karte herbei, die Wyrick vor fünf Jahren geschrieben hatte und die die Unterschrift „ein Freund“ trug. Als sie dem Beamten überreicht wurde, erkannte er sofort, dass es die Schrift des Mannes war, der ihm Briefe schrieb, aufgrund derer er hier war. Er weigerte sich aber, die Karte zu lesen und sagte wiederum, keine Zeit dafür zu haben. Ich bestand jedoch darauf, dass er den Inhalt der Karte anhören müsse und fing an zu lesen. Die Karte war so abgefasst, als hätte sie ein Freund oder Bekannter von Herrn Wyrick geschrieben. Der Betreffende lobte darin Wyrick über alle Maßen, hob besonders seine guten Eigenschaften als Familienvater hervor und endete dann mit lächerlichen Verdächtigungen gegen andere.

Das Ergebnis war, dass der Detektiv jenen Mann für unsinnig erklärte und sich zum Gehen wandte, ohne uns weiter zu belästigen. Vorher teilte er mir noch mit, dass ich im Falle einer rechtmäßigen Verdächtigung hätte ins Gefängnis wandern müssen. Wenn jene Karte nicht bereits vor fünf Jahren geschrieben worden wäre, sagte er, könnte Herr Wyrick jetzt mit einer gerichtlichen Verfolgung rechnen, da es bei Strafe verboten sei, solche Berichte durch die Post zu befördern. Dann verabschiedeten wir uns, ohne die angekündigte Durchsuchung erlebt zu haben.

Obwohl nun auch dieser Versuch, uns zu schädigen, fehlgeschlagen war, empfing ich bald wieder einen Brief von Herrn Wyrick aus Rockford. Er schlug darin gar freundliche Töne an und lud mich ein, ihn doch zu besuchen. Leider könne er mir keine Einzelheiten mitteilen, aber aufgrund dringender geschäftlichen Angelegenheiten wünsche er meinen Besuch. Er bat dann noch unter anderem, ich solle den Zweck und das Ziel meiner Abreise möglichst geheim halten. Ferner gab er mir Aufklärung bezüglich meiner Abreise und Ankunft in Rockford, nach der ich um elf Uhr abends ankommen sollte.

Obwohl der Brief sehr schlau abgefasst war, sah ich, dass der Mann mich in eine Falle locken wollte. Ich erinnerte mich an meinen Traum, den ich vor sieben Jahren gehabt hatte, in dem dieser Mann einen Mord an mir begehen wollte. Natürlich entschloss ich mich, dieser Einladung nicht Folge zu leisten. Ich brachte die ganze Angelegenheit im Gebet vor meinen Gott und wusste nun, dass er mich vor meinen Feinden schützen würde. Noch einmal machte dieser Mann vergebliche Versuche, mich zu erschrecken, dann blieb er still. Nach einigen Jahren, als ich mich gerade in Omaha, Nebraska, befand, redete mich nach Schluss des Morgengottesdienstes eine Frau an, die sich als Ehefrau des Herrn Wyrick zu erkennen gab. Sie erzählte mir, dass ihr Mann einige Jahre in einer Irrenanstalt zugebracht hätte und vor einigen Wochen am Rande des Todes gewesen sei. Sie hätte ihn dann aus der Anstalt genommen, damit er zu Hause sterben könne. Daheim wäre es dann mit ihm besser geworden und er befände sich jetzt geistig und körperlich ziemlich wohl. Sie bat mich, ihn doch einmal zu besuchen.

Als ich mich dann später in der Wohnung meines Feindes befand, erzählte mir seine Frau manches aus seiner Vergangenheit, von seiner Feindschaft gegen die Diener Gottes und überhaupt gegen alle, die das Evangelium in seiner Reinheit verkündigen. Sie wusste auch von der Absicht ihres Mannes, mich nach Rockford zu locken und erklärte, dass er mich dann bestimmt getötet hätte.

Ehe sie mich in das Zimmer ihres Mannes ließ, sagte sie, dass ihr Mann gewiss von bösen Geistern besessen sei und bat mich, die Nennung meines Namens zu vermeiden, damit er nicht unnötigerweise gereizt würde. Ich war nun gespannt, jenen Mann zu sehen, der nicht nur mich, sondern auch noch manchen anderen unter dem Volke Gottes mit so großer Feindschaft verfolgt hatte. Mit großem Mitleid im Herzen betrat ich allein das Krankenzimmer. Nie werde ich den dämonischen Blick vergessen, der mich traf, als ich ihm die Hand reichte. An seiner Rede merkte ich bald, dass er kein Bedürfnis empfand, Hilfe von Gott zu erlangen. Dieser Mann, der sich in seinem Leben oft gegen Gott aufgelehnt hatte und die Kinder Gottes als Feinde verfolgte, blieb bis zuletzt ein Gefangener Satans. Wenige Wochen später starb er.