Stückwerk

„Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser Weissagen ist Stückwerk“ (1.Kor. 13:9).

Unser Wissen ist Stückwerk. Da redet Paulus wieder von der Erkenntnis, von der er vorher gesprochen hat. Ach, die Erkenntnis derer, die mit besonderen Gaben der Erkenntnis ausgestattet sind, ist nur Stückwerk. Wenn das irgend ein junger Anfänger im Gnadenstande gesagt hätte, dann würde das Wort nicht viel zu bedeuten haben, da würde man sagen: „Nun ja, der hat auch noch nichts erlebt, der soll erst etwas erfahren“. Gewiss, je länger wir auf dem Wege sind und je treuer wir mit der Gnade umgehen, um so mehr wächst unsere Erkenntnis, um so besser lernen wir den Herrn kennen. Aber dies Wort ist nicht von einem jungen Anfänger geschrieben, sondern von einem Mann, der vor andern Blicke in das Meer der Gnade getan hat, der in die Himmel und ihre Herrlichkeit hineingeschaut hat. Und dieser Mann sagt: „Unser Wissen ist Stückwerk“. Was sollen wir sagen? Da wollen wir bescheiden denken von unserer Erkenntnis, wollen uns aber um so mehr nach tieferer Erkenntnis ausstrecken bis die Vollkommenheit kommt, wo das Stückwerk ein Ende hat. Denn es gibt nur dann ein Wachsen in der Erkenntnis, wenn wir mit der Erkenntnis, die wir haben, treu umgehen. Aber bei allem Wachsen in der Erkenntnis wollen wir daran denken: Unser Wissen ist Stückwerk.

Und unser Weissagen ist Stückwerk. Es hat viele Ereignisse in der Geschichte, auch in der Geschichte Israels, gegeben, welche von den Propheten Israels nicht geweissagt worden sind. Sie bekamen immer nur Licht über bestimmte Pläne und Absichten Gottes. Manches andere blieb ihnen dunkel. So ist es auch mit der Gabe der Weissagung im neuen Bunde in der Gemeinde Gottes. Auch diese Weissagungen offenbaren nur bestimmte Botschaften, oder Aufträge, oder Mitteilungen Gottes. Darum ist auch das Weissagen im neuen Bunde Stückwerk.

Die Kinder Gottes mögen hohe Ansichten haben von der Gabe der Erkenntnis und von der Gabe der Weissagung. Einer, der sie hatte, sagt uns hier: Beides ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Da werden wir in das volle Licht hineintreten. Da gehen die Sterne unter, wenn die Sonne aufgeht. „Wie wird uns sein..., wenn nun vom Aug’ des Glaubens lichte Hülle wie Nebel vor der Morgensonne fällt und wir den Sohn in seiner Gottesfülle erblicken auf dem Thron als Herrn der Welt!“ O, das wird Herrlichkeit sein. Wir können es uns nicht ausdenken und vorstellen, wie das sein wird, wenn da kommt das Vollkommene.

Was für ein Unterschied ist zwischen einem Mann und einem Kind? Wie anders urteilt der Mann über dieselbe Sache, als ein Kind? Ein Kind denkt wie ein Kind, spielt wie ein Kind, lacht wie ein Kind. Ein Mann tut die Kindereien ab, er hat die Kinderschuhe ausgetreten. Er ist ein Mann. Wenn er auf seine Kindheit zurückblickt, wenn er an seine Spiele und Gedanken zurückdenkt, dann sagt er: „Kindereien“. So weit ist er darüber hinausgekommen. So ganz anders denkt er und urteilt er nun. Von diesem Unterschied spricht hier der Apostel: „Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, und war klug wie ein Kind, und hatte kindische Anschläge; da ich aber ein Mann ward, tat ich ab, was kindisch war“ (V. 11).

Gerade so, nein, nicht gerade so, sondern tausendmal größer als der Unterschied ist zwischen Mann und Kind, ist der Unterschied zwischen dem Vollkommenen und dem Stückwerk. Wenn wir in der Herrlichkeit sein werden und uns an die Erdenzeit erinnern, auch an die Erkenntnis, an die Gaben, an das Beste, was wir hatten, was werden wir dann sagen? Dann werden wir lächeln und sagen: „Kinderei“. Vergesst es nicht, ihr Brüder, die ihr große Gaben habt, die ihr auch euch besonderer Offenbarungen rühmt, die ihr Blicke tut in verborgene Tiefen und Geheimnisse, vergesst es nicht, das ist alles, vom Standpunkt der Vollendung angeschaut, Kinderei. Wenn wir das recht bedenken, dann werden wir uns nicht erheben. Dann werden wir unsere Person, unsere Ansichten und unser Urteil nicht für so wichtig halten und nicht so in den Vordergrund stellen. Was ist denn all unsere Erkenntnis? Das Erkennen eines Kindes, mehr nicht.

Wenn ein Greis die Tagebücher ließt, die er als Schüler geschrieben hat, er lächelt. Und damals waren dem Schüler seine Tagebücher so wichtig. Wenn ein alter Veteran Jesu Christi die Aufzeichnungen der ersten Predigt ließt, die er einst geschrieben, er lächelt. Und damals war der Kandidat mit seinen Aufzeichnungen so gut zufrieden. Das war damals. Brüder, wir wollen lernen, unsere Erkenntnis anzusehen, wie Paulus sie ansah: als Stückwerk. Denn wenn wir von unserer Erkenntnis gering denken, dann können wir eher die Brüder verstehen, dann hören die scharfen Urteile auf, dann werden keine Artikel mehr geschrieben und keine Bücher mehr verfasst, die den Herrn betrüben, weil sie nicht aus der Liebe heraus geschrieben sind. Oh, wie eine wichtige Lektion für uns: Unser Wissen ist Stückwerk. Wie oft hat die Überschätzung der eigenen Person und des eigenen Urteils die Liebe gehindert. Es wird die Bahn frei für die Liebe, wenn wir lernen: Unser Wissen ist Stückwerk.