Erlösung bewahrt uns vor der Sünde

„Da wir wissen, dass unser alter Mensch samt ihm gekreuzigt ist, auf dass der Leib der Sünde aufhöre, dass wir hinfort der Sünde nicht mehr dienen“ (Röm. 6:6). Das äußere Leben des Menschen ist gewöhnlich ein Ausdruck seines inneren Zustandes. Darum schließt der Zustand eines von der Sünde befreiten Herzens natürlich die Sünde auch aus dem äußeren Leben aus. So gewiss wie aus einer reinen Quelle reines Wasser fließt, so gewiss entspringt ein heiliges Leben aus einem reinen Herzen: „Wes das Herz voll ist, des gehet der Mund über.“ Aus dem Herzen kommen alle moralischen Taten hervor. Es ist uns gesagt: „Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus geht das Leben“ (Spr. 4:13)

Doch lehrt die Heilige Schrift wirklich, dass die Erlösung uns in den Stand setzt, ohne Sünde zu leben? Es gibt im Alten und Neuen Testament etliche Stellen, die scheinen, wenn nicht recht verstanden, das Gegenteil zu lehren. Eine davon ist in Salomos Gebet bei der Tempelweihe enthalten, wo unter anderem steht: „... denn es gibt keinen Menschen, der nicht sündigt ...“ (1.Kön. 8:46). Sehr vernünftig werden diese Worte in der Übersetzung des Alten Testamentes von Isaak Leeser, einem Juden, wiedergegeben. In dieser Übersetzung heißt es: „Wenn sie an dir sündigen werden – denn es gibt keinen Menschen, der nicht sündigen könnte – ...“ Hier finden wir eine schöne Übereinstimmung, die der deutschen Übersetzung fehlt, wo es heißt: „Wenn sie an dir sündigen werden – denn es gibt keinen Menschen, der nicht sündigt ...“ In der Übersetzung von Leeser steht dieser Vers im Einklang mit sich selbst und auch mit der ganzen Bibel. Er lehrt also nicht, dass alle Menschen sündigen müssen, sondern dass sie sündigen können, wenn sie wollen. (Selbst wenn wir diesen Vers aus 1.Kön. 8:46 so stehen lassen, wie er üblicherweise übersetzt wird, und annehmen, dass zur Zeit Salomos oder unter dem Gesetz alle mehr oder weniger sündigten, so hat doch Christus durch seine Gnade, die Wiedergeburt oder Erneuerung des Herzens ein sündenfreies Leben möglich gemacht.  (Anm. der Red.))

Ebenso können auch die Engel im Himmel sündigen, und einige haben auch gesündigt und behielten ihr Fürstentum nicht, sondern verließen ihre Behausung (2.Petr. 2:4; Jud. 6). Obwohl Menschen, die einen freien Willen haben, sündigen können, ist es dennoch nicht nötig, dass ein Kind Gottes auf Erden sündigt, denn in Christus Jesus steht jedem genügend Gnade zur Verfügung, so dass alle leicht frei von Sünden leben können.

Wir wollen hier keine weiteren Bibeltexte behandeln, von denen angenommen wird, dass sie lehren, wir müssten unser ganzes Leben lang Sünder bleiben. (Der Autor behandelt dieses Thema ausführlich in seiner Schrift „Müssen wir sündigen?“, erhältlich beim Herausgeber dieses Buches. (Anm. der Red.)) Lasst uns vielmehr die Heilige Schrift hinsichtlich unserer Vorrechte in Christus erforschen. Obwohl die Bibel uns ein wahres Bild von der Verderbtheit des Menschen und der allgemeinen Sündhaftigkeit unseres Geschlechts ohne die Gnade Gottes vor Augen stellt, so zeigt sie doch auch, dass die Erlösung völlig hinreichend ist, um uns von der Sünde frei zu machen und zu erhalten. Etwas weniger als das könnte man nicht Erlösung nennen. „... du sollst seinen Namen Jesus heißen, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden“ (Matth. 1:21). Der Name Jesus bedeutet Erlöser. Wenn er uns nicht von allen Sünden befreien und frei erhalten könnte, dann würde auch sein Name nicht stimmen. Es wird uns gesagt, dass Zacharias mit dem Heiligen Geist erfüllt war, weissagte und sprach: „Gelobet sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils in dem Hause seines Dieners David“ (Lk. 1:68-69). „... Barmherzigkeit zu erzeigen unsern Vätern und zu gedenken an seinen heiligen Bund, an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham, uns zu geben, dass wir, erlöst aus der Hand unserer Feinde, ihm dienten ohne Furcht in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor ihm alle Tage unseres Lebens“ (V. 74-75).

Die Erlösung in Christus ist nicht die Fortsetzung des sündigen Lebens in einer etwas anderen Form, wie so viele es lehren, die im Irrtum sind und weder die Kraft Gottes erkennen noch die Heilige Schrift verstehen. Nein, der Herr hat wahrhaftig sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen. Er hat uns „erlöst aus der Hand unserer Feinde“, d. h. von den innewohnenden Feinden, die uns dazu bewegten, dass wir Gott, den wir lieben, verlassen sollen. Infolge dieser Befreiung können wir Gott dienen „ohne Furcht in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor ihm alle Tage unseres Lebens.“ Niemand kann gleichzeitig ein heiliges und ein sündiges Leben führen. Jesus hat diesbezüglich ganz klar gesagt: „Niemand kann zwei Herren dienen“ und „wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht“ – und deshalb kein Knecht Gottes. „Ein guter Baum kann nicht böse Früchte bringen, und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen“ (Mt. 7:18). Deshalb ist derjenige, dessen Leben sündig ist, ein Sünder und nicht ein Christ.

Jesus sprach zu dem Mann, den er am Teiche Bethesda heilte: „Siehe, du bist gesund geworden, sündige hinfort nicht mehr, dass dir nicht etwas Ärgeres widerfahre“ (Joh. 5:14). Achtunddreißig Jahre war dieser arme Mann mit einer schweren Krankheit gebunden. Würde der Herr Jesus ihn heilen, seine Sünden vergeben und ihn dann mit einer größeren Plage bedrohen, falls er wieder sündigte, wenn es nicht gar möglich wäre ohne Sünde zu leben? – Das wäre dann eine Grausamkeit statt eines Segens gewesen.

Zu der Frau, der er die Sünden vergab, sprach er: „Gehe hin und sündige nicht mehr!“ (Joh. 8:11). Nur ein grausamer Tyrann kann etwas Unmögliches von seinen Untertanen fordern. Doch der Charakter dessen, der befohlen hat nicht zu sündigen, ist ganz anders.

Der Apostel Paulus schrieb an die Korinther: „Denn ich fürchte, wenn ich komme, dass ich euch nicht finde, wie ich will, und ihr mich auch nicht findet, wie ihr wollt ... dass mich, wenn ich abermals komme, mein Gott demütige bei euch und ich Leid tragen müsse über viele, die zuvor gesündigt und nicht Buße getan haben“ (2.Kor. 12:20-21). Ihm war die Sünde unter denen, die vorgaben Christen zu sein, etwas Schreckliches. Anstatt zu erwarten, dass sie sündigen würden, war seine gerechte Seele mit heiligem Zorn erfüllt, weil viele von ihnen gesündigt hatten. Er weinte darüber und drohte zu ihnen zu kommen, um sie scharf zurechtzuweisen. Er hatte sie sicherlich etwas Besseres gelehrt als die moderne Religion der Sünder, daher war er entrüstet, dass so viele gesündigt hatten. Die Worte Paulus beweisen aber auch, dass sogar in jener fleischlichen Gemeinde nicht alle gesündigt hatten. Darum war es nicht nötig, dass überhaupt einige sündigten.

Hört die ernste Warnung aus Gottes Wort: „Werdet doch rechtschaffen nüchtern und sündiget nicht! Denn etliche haben keine Erkenntnis Gottes; das sage ich euch zur Schande“ (1.Kor. 15:34). Ein Mensch, der sündigt, wird hier als betrunken und ohne Erkenntnis Gottes dargestellt – dieses Zustands sollte sich jeder Mensch vor Gott schämen, und besonders wenn er sich ein Christ nennt. Wer sündigt, ist darum kein Christ und ist nicht einmal von der Sünde nüchtern geworden.

Jesus sagt uns in Lk. 15:7: „So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.“ Werter Leser, weißt du, warum der Gerechte der Buße nicht bedarf? Wenn nicht, so findest du die Antwort in den Worten Davids aus Psalm 119:1-3: „Wohl denen, die ohne Tadel leben, die im Gesetz des Herrn wandeln, ... die auf seinen Wegen wandeln und kein Unrecht tun.“ Der Apostel Johannes gibt auch eine gute Antwort auf diese Frage: „Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer sündigt, der hat ihn nicht gesehen noch erkannt“ (1.Joh. 3:6). Kein Wunder, dass die Kinder Gottes der Buße nicht bedürfen, denn sie tun nichts Übles, keine Sünde oder Ungerechtigkeit. Diese Tatsache ist im christlichen Leben von solch entscheidender Bedeutung, dass der Apostel sie als den Hauptunterschied zwischen den Kindern Gottes und Kindern des Teufels hinstellt: „Wer Sünde tut, der ist vom Teufel ... Wer aus Gott geboren ist, der tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm; und er kann nicht sündigen, denn er ist aus Gott geboren. Daran wird’s offenbar, welche die Kinder Gottes und welche die Kinder des Teufels sind: wer nicht Gerechtigkeit tut, der ist nicht von Gott ... “ (1.Joh. 3:8-10).

Ist das nicht eine einfache biblische Wahrheit? Die Kinder des Teufels sündigen und die Kinder Gottes sündigen nicht, und durch diese Tatsachen wird es klar, welche die Kinder Gottes und welche die Kinder des Teufels sind. Hier ist die Scheidungslinie zwischen der Familie Gottes und dem Reich Satans gezogen. Auf welcher Seite bist du? Gott gibt allen das Recht, dich zur Welt zu zählen, wenn du sündigst. Johannes wiederholt diese Wahrheit in Kapitel 5:18: „Wir wissen, dass wer von Gott geboren ist, der sündigt nicht, sondern ... bewahrt sich, und der Böse tastet ihn nicht an.“

Was wollen moderne Christen, die behaupten, dass sie täglich in Gedanken, Worten und Taten sündigen, mit diesen Schriftstellen anfangen? Etliche sagen, dass derjenige, der von Gott geboren ist, die Sünde nicht vermeiden kann, weil er in dieser gottlosen Welt lebt. Aber der Herr sagt: „Alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt“ (1.Joh. 5:4). Wenn die Welt dich überwindet, dann bist du also noch nicht von Gott geboren. Andere sagen, dass derjenige, der von Gott geboren ist, nicht gewohnheitsmäßig sündigt, wenigstens begehe er keine großen oder Todsünden. Aber diesen Theorien gegenüber stehen die Worte Gottes: „Wer aus Gott geboren ist, der tut nicht Sünde“ (1.Joh. 3:9) und „wer in ihm bleibt, der sündigt nicht“ (V. 6) – das heißt, er sündigt gar nicht, sondern bewahrt sich. Für die aufgeblasenen Mitglieder des verweltlichten Sektentums ist das Bekenntnis, dass sie noch in der Familie des Teufels sind, sehr demütigend. Doch solange sie noch immer sündigen, tritt bei jedem Versuch, diese Tatsache zu leugnen, ihnen die Wahrheit Gottes entgegen, widerspricht ihrem Bekenntnis und macht ihre tote Hoffnung zunichte. Lieber Leser, wir bitten dich, über diese Tatsache recht ernstlich nachzudenken. Wenn das Wort Gottes direkt gegen dich ist, wie kannst du dann leicht darüber hinweggehen? Wenn das Wort Gottes besteht, dann kannst du nicht bestehen, wenn du von ihm am Jüngsten Tag gerichtet wirst. Wenn du Sünde tust, dann weißt du, zu wem Gott dich zählt.

„Meine Kindlein, solches schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt“ (1.Joh. 2:1). Von welcher Finsternis und Verwirrung würden diese Worte zeugen, wenn man annehmen würde, Johannes habe diese jungen Bekehrten über die Gnade Gottes belehrt, damit sie nicht sündigen sollen, und dass er in demselben Brief schreibe, wie manche meinen: „So jemand sagt, er lebe und sündigt nicht, so ist er ein Lügner.“ Tausende trösten sich mit dieser erdachten Schriftstelle, leben weiter in Sünden und hoffen dennoch in den Himmel einzugehen. Doch die Erlösung befreit uns von der Sünde und macht dem Sündigen ein Ende. Ohne diese Erlösung bist du auf ewig verloren.