Davids erste Jugenderlebnisse

David, dessen Name im Hebräischen „Geliebter“ bedeutet, war der jüngste Sohn eines begüterten Bethlehemiten Isai und seine Urahnen waren Boas und Ruth. Er war wahrscheinlich der siebente unter seinen Brüdern und seine zwei Schwestern hießen Zeruja und Abigail. Eines seiner entscheidenden Jugenderlebnisse war jedenfalls seine Salbung zum zukünftigen König über Israel durch den Propheten Samuel. Gott griff ein, als Saul versagte, und bereitete längst vor dem Tode eines verworfenen Königs das stille Werden und Heranreifen eines neuen vor. Denn Gottes Geschichte steht nicht still und sein Schaffen kann nicht unterbrochen werden.

Samuels Schmerz über Saul war zu verstehen. Die an ihm vollzogene Salbung und die damit verbundene Erhebung zum Könige Israels hatten alle Hoffnungen auf eine neue Zukunft des Volkes geweckt. Mitten in seinem Schmerz erhält der Prophet aber den Auftrag, einen andern zu salben. Als im Hause Isais endlich der Auserkorene gefunden wurde, da war es ein Jüngling, der von der Schafherde geholt werden musste. Aber wenn auch so jung und noch so unerfahren im Blick auf die königlichen Aufgaben in der Zukunft, Gott hatte in seinem souveränen Walten die Wahl getroffen. Im Gehorsam beugte sich der Prophet unter die Offenbarung Gottes und salbte den Jüngsten der Söhne Isais zum zukünftigen Könige Israels.

Wozu die Handlung führen würde, das musste Samuel Gott überlassen. Hinfort musste Gott zu seiner Stunde den Auftrag rechtfertigen, den er dem Propheten erteilt hatte. Der biblische Bericht fügt dem Ereignis zunächst nur noch die bedeutsamen Worte hinzu: „Und der Geist Jahves ruhte auf David von demselben Tage an und weiter. Samuel aber machte sich auf und ging nach Rama“ (1.Sam. 16:13). Dem Geiste Gottes gehörte aber bisher noch immer die Zukunft. Und in Verbindung mit ihm und seiner Aktivität wurde auch der Mensch in sie hineingezogen, so jung und unerfahren derselbe zunächst auch immer war. Des Geistes Aktivität schafft sich aus dem jüngsten Spross Isais einen Gesalbten für den Thron Israels.

Ein zweites sehr entscheidendes Erlebnis in der Jugendzeit Davids lag auf dem Gebiete seines ersten Kampfes für sein Volk im Terebinthental (1.Sam. 17). Israel sah sich durch die Philister, die ihre Heere bei Soko im Lande Juda zusammengezogen hatten, aufs neue zum Kampf herausgefordert. Saul schlug sein Hauptlager im Terebinthental auf. Auch Davids Brüder waren zum Streit wider die Philister hinausgezogen.

Eines Tages rief Isai seinen Jüngsten von der Schafherde und sprach zu ihm: „Nimm doch für deine Brüder dieses Epha geröstete Körner und diese zehn Brote und bringe es eilends deinen Brüdern ins Lager, und diese zehn Weichkäse bringe dann dem Hauptmann über Tausend und erkundige dich nach dem Befinden deiner Brüder und nimm ein Unterpfand von ihnen.“ So sah sich David als Hirtenknabe vom Dienst in der Wüste auf den Schauplatz der Geschichte gestellt. Und hinter dem ganz natürlichen Ereignis stand Gott, der ihn sandte, aber durch seinen Vater.

Gott kleidet seine Berufung oft in ein sehr natürliches Gewand. Zwar nicht immer. Jesaja wurde durch ein Visionserlebnis zum Propheten seines Volkes berufen, und Mose wusste sich erst von jenem Tage an von Gott gesandt, als der Herr vom brennenden Busche aus mit ihm hatte reden können. So sehr Gideon auch unter der Schmach litt, die auf seinem Volke ruhte, als Richter trat er erst unter seinen Brüdern auf, nachdem er vor dem Engel des Herrn gestanden und aus dessen Munde die Worte vernommen hatte: „Der Herr mit dir, du streitbarer Held!“ Das Wesentliche ist jedoch nie, wie Gott uns ruft, sondern dass er uns ruft. Denn auch in der Art, wie Gott sich seine Knechte beruft, weht der Geist, wie er will. Er lässt sich keine Grenzen ziehen, wenn er uns die Aufträge Gottes zu übermitteln sucht.

David wurde hier von seinem Vater in das Heerlager Israels gesandt. Ohne es zu wissen, warteten hier seiner große Aufgaben. Wohl nur selten haben wirklich große Männer der Geschichte ihre großen Aufgaben selber gesucht. Es geschah wie hier bei David. Sie wurden vom Leben in die großen Aufgaben des Lebens hineingestellt. Denn David war nicht in das Terebinthental hinabgekommen, wo die Heerlager Israels den Philistern gegenüber standen, um an dem öffentlichen Kampf teilzunehmen. Daran hatte er offenbar nicht einmal gedacht. Er war nur gekommen, seine Brüder zu stärken, weil er dazu von seinem Vater gesandt war. Als nun David auf dem Schlachtfeld hörte, wie täglich einer der Philister den Gott der Schlachtreihen Israels lästerte, da konnte er die Schmach seines Volkes nicht mehr ertragen. Er dachte an seine erlebten Kämpfe in der Wüste und erklärte sich bereit, den Kampf mit dem hohnsprechenden und lästernden Philister aufzunehmen.

Vergeblich hatte er wohl in der Mitte seiner Brüder nach jenem Mann ausgeschaut, der im Vertrauen auf Gottes Kraft dem Philister entgegentreten würde. „Gebt mir einen Mann, dass wir miteinander kämpfen!“, hatte der Philister dem Heere Israels zugerufen. Aber solch ein Mann fand sich nicht unter den Tausenden Israels. Es war im Volke nicht mehr Gnade genug da, um die das Volk bedrohende Welt zu überwinden.

Nicht selten gab es solche Notzeiten in der Geschichte des Volkes Gottes, wo das Volk als Ganzes im entscheidenden Augenblick im Kampf mit der Welt versagte. Das sind immer dunkle Zeiten in der Geschichte des Reiches Gottes, Zeiten allgemeiner Glaubensschwäche. Man ist sehr genau orientiert, wie einst in Israel, über die Kräfte des Feindes, aber wenig vertraut mit den Lebenskräften Gottes, durch welche er sich alles zu unterwerfen vermag. Aus solch einem Schwächezustand kann ein Volk nur herausgeführt werden, wenn sich in seiner Mitte erst wieder Männer finden, denen Gott größer ist als die augenblicklich hervortretende Herrschaft der Sünde. Nie hätte der Apostel Paulus den Mut gefunden, den Kampf mit der gewaltigen Macht der Sünde seiner Tage aufzunehmen, wenn er nicht gewusst hätte, dass, wo immer die Sünde auch mächtig geworden, die Gnade noch weit mächtiger ist.

Diesen Glaubensblick für die Kraft Gottes besaß auch David. Da er sah, dass seine Brüder so mutlos dem Feinde gegenüberstanden, so meldete er sich zum Kampf. So sucht der Glaube nie sich selbst seine Aufgaben und Dienste. Er weiß, dass Glaubensdienste und Glaubenskämpfe nicht auf selbst erwählten Wegen liegen. Wer ohne Auftrag Gottes unheiligen Boden betritt, muss auch mit unheiligen Früchten rechnen. Aber der Glaube zögert auch nicht zu handeln, sobald er weiß, dass Gott ihn ruft. Sieht er sich von Gott in Kämpf geführt, wie David hier im Terebinthental, so wagt er es, den Kampf aufzunehmen. Es ist nicht eigenes Kraftbewusstsein, das ihn zum Handeln zwingt, sondern jene von Gott gewirkte innere Nötigung, die mit Paulus spricht: „Aus Gott vor Gott reden wir“!

Jedoch nur, wenn Gott ihn auf den Schauplatz des Kampfes und der Geschichte ruft, weiß er sich berechtigt, mit jener Gotteskraft zu rechnen, die trotz unsrer Schwachheit Großes zu tun vermag. Nur in der Aktivität Gottes weiß der Glaube sich zur Aktivität berechtigt. Wo hingegen Gott ruht, da ruht auch er. Wo Gott nichts zu wirken hat, da liegen auch für ihn keine Aufgaben. Der Schauplatz seines Wirkens liegt immer nur da, wo Gotteskräfte sich zum Heil und Segen andrer auswirken können. Denn wahrer Glaube ist nichts anderes, als ein dauerndes Einswerden mit Gott, ein Sicheinstellen auf Gottes Verheißung, auf Gottes Pläne und Absichten. Seine Kraft liegt in der Harmonie mit Gott, in dem Zusammenwirken mit den Kräften der oberen Welt.

So wenig der Glaube sich selbst seine Aufgaben und Kämpfe auf dem Schauplatz des öffentlichen Lebens sucht, so wenig lässt er sie sich aber auch nehmen. Denn bisher sind in der Geschichte noch nie große Aufgaben fürs Ganze gelöst worden, wo nicht die Männer, die sie zu lösen berufen waren, von allen Seiten in ihren Aufgaben wären angefochten worden.

So erging es auch David. Als er sich mit jenen Männern unterhielt, die ihm auf seine Frage hin mitteilten, was der König dem versprochen habe, der diesen hohnsprechenden Philister schlüge und diese Schande von Israel wälze, da hörte dieses Davids ältester Bruder Eliab. Und er ergrimmte und sprach zu David: „Warum bist du herabgekommen, und wem hast du die wenigen Schafe in der Wüste gelassen? Ich kenne deine Vermessenheit wohl und deines Herzens Bosheit; denn du bist herabgekommen, um den Streit zu sehen.“ Darauf antwortete David nur: „Was habe ich getan? Ist es mir nicht befohlen?“ Und er wandte sich wieder zu den Männern, mit denen er vorher gesprochen hatte.

In Eliabs Augen war das Gottvertrauen Davids Vermessenheit, sein Kommen in das Heerlager Israels Herzensbosheit und Pflichtvergessenheit. Hat man selbst erst wie Eliab die innere Glaubenskraft verloren, dann hat man auch kein richtiges Verständnis mehr für die Glaubenserfahrungen anderer. Es ist das Unterscheidungsvermögen verloren gegangen für das, was fleischliche Vermessenheit und was gottgewirkter Glaubensmut, was aus eigenem Herzenstrieb und was im Auftrage Gottes unternommen wird. Glaubensschritte und Glaubenshandlungen sind immer wieder nur von Glaubensmenschen verstanden worden. Denn der Glaube erhält Aufträge, kennt Kraftquellen und erlebt Tröstungen, die dem Unglauben ein unerklärliches Geheimnis bleiben.

Allein, das ist das Eigenartige an Glaubensmännern, dass sie sich weder durch die Stärke des Feindes noch durch den Unglauben und die Vorwürfe ihrer Brüder erschüttern und die Aufgaben nehmen lassen, die Gott ihnen zum Heile andrer anvertraut hat. Sie kommen nicht, ohne Auftrag von Gott zu haben, aber sie gehen auch nicht, ohne Auftrag von Gott zu haben. Nichts gibt dem Menschen im Kampfe und im Dienste solche Entschiedenheit und Ausdauer, als das Bewusstsein, dass man im Auftrage und in der Kraft Gottes handeln darf.

Als David sich von seinem Vorhaben nicht abbringen ließ, wurde er vor den König gebracht. Zum Könige sprach er: „Es entfalle keinem Menschen das Herz um deswillen. Dein Knecht soll hingehen und mit dem Philister streiten.“ Darauf hatte Saul für David nur die eine Antwort: „Das kannst du nicht!“ So nüchtern das Urteil auch vom Standpunkt des Menschen aus war, so zeigte es andererseits doch, wie sehr auch Saul bereits der Standpunkt des Glaubens fehlte. Obgleich er der König jenes Offenbarungsvolkes war, das in seiner Geschichte Gott schon so oft und so wunderbar erlebt hatte, so erwies er sich doch als unfähig, in der Stunde der Not wirklich ein geistlicher Führer dieses seines Volkes zu sein. Lange nicht immer waren in der Geschichte die, welche das Volk Gottes nach außen hin repräsentierten, auch die großen Männer des Glaubens. Diese fand man vielmehr nicht selten in der Wüste. Man kann nach außen hin wie Saul königlichen Glanz entfalten und doch ohne wirkliche Kraft in der Mitte seines Volkes stehen.

Um den König Saul für sein Vorhaben zu gewinnen, erzählte David ihm seine Kämpfe mit den Raubtieren in der Wüste. Diese Kampfeserlebnisse bei den Schafherden seines Vaters wären wohl für immer vor der Welt verborgen geblieben, wenn nicht Saul durch seinen Unglauben mit dazu beigetragen hätte, dass David sie zu einer gottgegebenen Stunde erzählt hätte. Wahrer Glaube geht sehr keusch mit dem um, was der Mensch in den heiligsten Stunden seines Lebens mit Gott erlebt hat. Er schmückt sich nie mit der Herrlichkeit, die sich ihm hier erschloss und kleidet sich nie mit der Kraft, die sich ihm hier mitteilte. Er kann vom wertvollsten seines Erlebens schweigen bis zu dem Augenblick, wo das Erlebte zu einem Zeugnis von dem Können Gottes wird und mit dazu beiträgt, in bedrängter Stunde das Vertrauen der Brüder zu stärken.

Auch David hatte bisher geschwiegen. Verschlossen ruhte die köstliche Siegeserfahrung in der Wüste im Allerheiligsten seiner Seele, nur ihm und Gott bekannt. Eines Tages sorgt aber Gott dafür, dass Erlebtes zum Erleben andrer rechtzeitig wieder abgegeben werden muss. Auch das Köstlichste des Lebens würde unfruchtbar bleiben, wenn es nicht zur rechten Stunde als Samenkorn würde andern anvertraut werden. Nur abgegebenes Leben wird zu einer vielfältigen Frucht.

Wohl hatte Saul verstanden, die Macht des Feindes richtig einzuschätzen, aber ihm fehlte der Blick für die Kraft Gottes. Daher erklärte er auch dem David, als dieser sich zum Kampf mit dem höhnenden Philister meldete: „Du kannst nicht hingehen, denn du bist noch ein Knabe, dieser aber ist ein Kriegsmann!“ Vom natürlichen Standpunkt aus gesehen war das ein sehr nüchternes Urteil. Saul beurteilte den Kampf ausschließlich vom Standpunkte der Machtfrage aus. Ihm stand fest, dass Macht nur durch Macht gebrochen werden könne. Jedoch David kannte Quellen, die Saul nicht sah. Er beurteilte den Kampf von einer höheren Warte aus. David rechnete nicht so sehr mit dem, was ihm fehlte und der Riese besaß, sondern vielmehr mit der Kraft Gottes, die er in der Wüste so wunderbar erlebt hatte.

Das hatte David zwar nicht voraussehen können, dass seine ersten Kampfeserfahrungen in der Wüste noch einmal in einem entscheidenden Augenblick eine so große Bedeutung für ihn und sein Volk haben würden. Wir ahnen nie, zu welch einer Kraft- und Lichtquelle für unser späteres Leben auch die kleinste Glaubenserfahrung auf dem Boden des Alltagslebens zu werden vermag.

In der Wüste hatte David jene ersten Eindrücke von dem empfangen, was Gott zu tun vermag. Diese waren nicht vergeblich gewonnen worden. Sie waren später immer wieder entscheidend für sein jeweiliges Schauen und Handeln. Nicht das Bewusstsein eigener Stärke, nicht eine oberflächliche, unverantwortliche Unterschätzung des Feindes gab ihm den Mut, mit dem höhnenden Philister zu streiten, sondern der Blick auf den Gott, der ihn von dem Löwen und Bären errettet hatte. Auch der kleinste und verborgenste Sieg in unserem Leben kann mithin von weittragendster Bedeutung für das Reich Gottes sein.

Man sagt, guter Wein müsse den Boden verraten, auf dem er gewachsen ist. Ich weiß das nicht. Aber so manche Frucht in jenen Psalmen, die uns von David überliefert worden sind, so mancher Zug seines späteren königlichen Dienstes lassen uns noch jenen Boden des Hirtenlebens erkennen, auf dem David seine ersten Glaubenserfahrungen machte. Dieser Boden war ihm nicht vergeblich zu einem Offenbarungsboden geworden. Hier hatte Gott zu ihm reden, ihm Grundsätze des göttlichen Lebens geben können, die ihm später so wertvoll waren für sein Verhältnis zu seinem Volke und für seinen königlichen Dienst unter seinen Brüdern.

Im Zeugnis vom Erlebten liegt immer eine wunderbare Kraft. Auch eine Gesinnung, wie Saul sie offenbarte, konnte sich vorübergehend nicht des Eindrucks solcher Erlebnisse erwehren, wie sie ihm von David bezeugt wurden. Allein auch jetzt war der Weg für das Handeln Davids noch nicht ganz frei. Nachdem der König zugegeben hatte, dass David sich zum Kampf mit dem Philister stellen dürfte, wollte er ihm zugleich auch noch zu Hilfe kommen und legte David seine eigene Waffenrüstung an.

Aber die passte nicht. Mit diesen Waffen konnte David unmöglich siegen. Denn nicht mit geborgten Waffen überwinden die Berufenen die Welt, und nicht mit fremden Vollmachten segnen sie ihre Brüder. Daher legte David sie auch wieder ab, ging hin und nahm seinen Stab in seine Hand, wählte fünf glatte Steine aus dem Bach und tat sie in seine Hirtentasche, nahm die Schleuder in seine Hand und machte sich auf zum Philister.

Von Gott Berufene und Beauftragte stellen sich immer mit dem, was sie haben, und nicht mit dem, was sie nicht haben, in den Dienst ihres Gottes. Und Gott verwirft die Opfer ihres Glaubens nicht. Er ignoriert nie des Menschen Eigenart und dessen Gaben, die ihm vom Leben gegeben worden, sondern zieht sie in den Dienst und Kampf des Lebens hinein. Geheiligte Kenntnisse und Fähigkeiten, geheiligte Naturanlagen und Güter können in der Hand des Glaubens gerade die Waffenrüstungen werden, durch welche die Welt überwunden wird.

Lange nicht immer ist in der Geschichte des Reiches Gottes das Angebot falscher Waffen abgelehnt worden. Wie oft hat sich die Kirche Christi im Laufe der Jahrtausende ausrüsten lassen mit den Waffen des Fleisches! Aber sie hat sich dadurch immer wieder ihre verborgene Kraft und ihren geweihten Boden nehmen lassen. Nie war daher auch die Kirche so schwach, als in Zeiten, wo sie in Sauls Rüstung auf den Schauplatz der Geschichte trat. Das waren immer Zeiten äußeren und inneren Niedergangs. In solchen Zeiten siegte die Welt, und es war viel Wehklagens in den Hütten der Gerechten.

Als David mit Stab und Tasche auf den Kampfplatz trat und dem Philister entgegenging, da forderte seine Erscheinung den ganzen Spott und Hohn des Philisters heraus. Denn als er David kommen sah, sprach er zu ihm: „Bin ich denn ein Hund, dass du mit einem Stecken zu mir kommst?“ Und er fluchte dem David bei seinem Gott.

Die Welt empfindet es immer als eine Entwürdigung, wenn man sich ihr nicht mit entsprechenden Waffen zum Kampf stellt. Mit dem stärksten Mann und der besten und glanzvollsten Waffenrüstung Israels zu kämpfen, das hätte der Philister als eine Ehre empfunden. Aber hier sich mit einem Hirtenknaben zu schlagen, der nur mit dem, was das bisherige Leben ihm geboten hatte, auf den Kampfplatz trat, das empfand er als eine Entwürdigung seiner Person.

Aber das Auftreten des Glaubens in seiner Ohnmacht und Unscheinbarkeit machte die Welt immer um so siegesbewusster. Sie ließ immer wieder mit dem Goliath zu dem neu erwachenden Leben sprechen: „Komme her zu mir, ich will dein Fleisch den Vögeln unter dem Himmel geben und den Tieren auf dem Felde.“ Allein Menschen des Glaubens machen den Kampf nie zu einer Sache zwischen sich und dem Feinde, sondern zu einer Sache zwischen dem Feinde und Gott. Nicht als eine Beleidigung seiner Person, sondern eine Beleidigung Gottes sah David die Worte des Philisters an. Daher erwiderte er demselben auch: „Du kommst zu mir mit Schwert, Spieß und Schild, ich aber komme zu dir im Namen Jahves der Heerscharen, des Gottes der Schlachtreihen Israels, den du gehöhnt hast. Heutigen Tages wird dich Jahve in meine Hände überantworten, dass ich dich schlage und nehme dein Haupt von dir, dass alles Land inne werde, dass Jahve nicht durch Schwert und Spieß hilft. Denn Jahves ist der Streit, und er wird euch in unsere Hand geben.“

Welch eine Treue und Siegesgewissheit sprach doch aus diesem Bekenntnis! Der Hohn des Philisters hatte David nicht erschüttert. Der Streit war des Herrn, und es handelte sich in demselben um die Freiheit des bedrohten Gottesvolkes. Sein Vertrauen galt nicht seinen Waffen, sondern seinem Gott.

Das war die Quelle seiner Kraft. David hatte das tiefe Geheimnis erfasst: Wer mit Gott im Bunde steht, der hat den Sieg immer auf seiner Seite. Daher rechnete sein Glaube auch mit dem Siege, bevor vom Sieg überhaupt etwas zu sehen war. Und er sah sich in seinen Erwartungen nicht enttäuscht. David siegte auch mit geringen Waffen. Denn nicht die Waffen, sondern Gott ist das Entscheidende in jedem Glaubenskampf. Daher gilt ihm allein das Lied, das nach dem Sieg der Glaube singt.