Bist du vom Herrn berufen?

Es kommt öfters vor, dass liebe, aufrichtige Seelen meinen, sie seien von Gott berufen, um in seinem Weinberg als Prediger oder Missionare zu arbeiten. Darum wollen wir es mit der Hilfe Gottes unternehmen, solche auf Gottes Wort hinzuweisen, das uns Klarheit gibt, wen der Herr beruft. Es ist durchaus nicht unsere Absicht, liebe Seelen zu hindern oder zu entmutigen, für Jesus zu wirken. Es fehlen noch viele Arbeiter; es gibt viele Rufe, und oft sehr dringende, die lauten: „Kommt und helft uns!“ Darum ist es auch unser Wunsch, Verlangen und Gebet, dass Gott mehr Arbeiter in seinen Weinberg senden möge.
„So sei nun stark, mein Sohn, durch die Gnade in Christus Jesus. Und was du von mir gehört hast durch viele Zeugen, das befiel treuen Menschen an, die tüchtig sind, auch andere zu lehren“ (2.Tim. 2:1-2). Der Apostel unterrichtet hier Timotheus, welche Eigenschaften ein Mensch haben soll, der ein Amt in der Gemeinde Gottes zu versehen hat.
Die erste Eigenschaft, die ein Ältester, Hirte, Lehrer, Prediger oder Missionar haben soll, ist die Treue. Ein treuer Mensch ist einer, auf den man sich verlassen, auf den man bauen kann, der beständig ist in allen Dingen usw. Solche, die im täglichen Leben in ihren Seelen nicht Sieg behalten können über Sünde, Welt und Teufel, kann man nicht zu den oben Erwähnten zählen. Wir kamen schon oft mit solchen in Berührung, die sich vom Herrn als Prediger oder Missionare berufen wähnten, obwohl sie nicht einmal ein wahres christliches Leben zu Hause führen konnten. Einmal, als ein Prediger gewisse Leute besuchte und dort das Wort Gottes verkündigte, mussten sie mit Schande sehen, dass ihr Leben nicht mit dem Worte Gottes übereinstimmte.
Manche haben nicht einmal das Vertrauen ihrer eigenen Ortsgemeinde, und doch wähnen sie berufen zu sein, um ins Ausland zu gehen und zu predigen. Solche, die keinen Erfolg zu Hause haben, werden ihn auch sicher nicht im Ausland finden. Ein jeder, der als Missionar ins Ausland gehen will, soll das volle Vertrauen seiner Ortsgemeinde besitzen. Er soll ein erprobter Prediger sein, dem man völliges Vertrauen schenken kann, und von dem man nichts anderes als eine gute Arbeit für den Herrn erwartet. Wie können wir einen Mann mit Mitteln, Segenswünschen und Gebeten unterstützen, wenn er nicht unser volles Vertrauen besitzt? Ein Mann, von dem man stets erwarten muss zu hören, dass er mehr Schaden als Nutzen bringt, ist für ein solches Amt untauglich.
Die wichtigsten Eigenschaften, die ein Prediger des Herrn besitzen muss, sind Treue, göttliche Weisheit und Demut in Christus. In 1.Tim. 3 werden uns in den ersten acht Versen die Eigenschaften und der Charakter der Ältesten geschildert. Auch in Titus 1:5-8 redet der Apostel davon. Diese Eigenschaften und Charakterzüge sollten keinem Ältesten fehlen. Auch sagt der Apostel: „... die tüchtig sind, auch andere zu lehren“ (2.Tim 2:2). Dazu gehört himmlische Weisheit. Wir müssen von oben gesalbt werden, um tüchtig zu sein und recht zu lehren. „Der Weise gewinnt Seelen“ (Spr. 11:30; Elbf. Ü.).
Ein Prediger muss das Wort Gottes recht auszuteilen wissen: „Befleißige dich darin, dich Gott als bewährt zu erweisen als einen Arbeiter, der sich nicht schämen muss, der das Wort der Wahrheit recht teilt“ (2.Tim. 2:15). Es meint gar viel, in der Liebe und Weisheit Gottes die Wahrheit zu verkündigen, so dass Seelen zum Licht geführt und nicht in größere Verirrung getrieben werden. Dies meint mehr als zu sagen, dass die Sekten vom Teufel sind und dass „wer Sünde tut, der ist vom Teufel.“ Es meint mit Liebe und Erbarmen im Herzen den Ratschluss Gottes in aller Weisheit kund zu machen durch den Heiligen Geist, der von oben gesandt ist.
Gott beruft selbst seine Knechte und Mägde, die er in seinem Werk gebrauchen will und kann. Diese macht er auch tüchtig und fähig, damit sie das Vertrauen der Kinder Gottes und der Prediger genießen können zur Ehre des Herrn. Gott fand Paulus treu, deshalb vertraute er ihm das Apostelamt an (siehe 1.Tim. 1:12). Er machte das auch vor der Gemeinde und den übrigen Aposteln offenbar (lese Apg. 13:1-4).
In Apg. 8:14 lesen wir, wie die Gemeinde und die Apostel den Johannes und Petrus nach Samarien sandten. Glauben wir, wenn diese zwei nicht das völlige Vertrauen der übrigen Apostel gehabt hätten, dass sie daran gedacht hätten, sie zu senden? Wir müssen mit Nein antworten. Wenn man Erfolg haben will, so muss man beides, das Wohlgefallen Gottes und seiner Gemeinde und Diener besitzen. Ein Prediger ist ein Stellvertreter oder Botschafter des heiligen, reinen, lieben und weisen Sohnes Gottes. Er vertritt die Lehre und den Glauben des Evangeliums.
Wir finden in den verschiedenen Ländern Stellvertreter, Botschafter oder Gesandte anderer Reiche oder Nationen. Weil sie eine wichtige und verantwortungsvolle Stelle einnehmen, sucht sich ein Land dazu kluge, besonnene und treue Leute aus, die klug und weise zu handeln wissen, so dass dadurch ihrem Land und Volk Schutz und Gerechtigkeit gewährt wird. So kann auch der allweise Gott nur solche senden, die seine Reichssache treu und gewissenhaft vertreten, die weise und klug handeln können, die seinem Reich Ehre machen und Segen bringend wirken können. Wenn jemandes Werk mehr zur Zerstörung als zum Aufbau gereicht, so kann man leicht erkennen, dass ein solcher weder befähigt noch von Gott berufen ist, das Werk des Herrn zu betreiben.
„Keinen Neuling“, sagte Paulus, sollte Timotheus erwählen, d.h. nicht solche, die erst kurze Zeit bekehrt oder ins wahre Licht des Evangeliums gekommen sind. Wie notwendig ist es deshalb, vorsichtig und seines Rufes gewiss zu sein. Es kommt vor, dass liebe Seelen einen Ruf erhalten, aber nicht von Gott. Sie fühlen eine Bürde für irgend ein Land oder Seelen und denken, sie müssen laufen. Doch wenn sie sich ernstlich vor Gott und mit Gottes Wort prüfen möchten, so würden sie bald erkennen, dass der Ruf nicht von Gott kam und die Bürde eine falsche war. Der Feind sucht alle, die ihn hassen, mit falschen Bürden zu beladen, um sie auszusenden, damit sie dann mehr Unheil als Segen stiften. Ein solcher Bote richtet mehr Schaden an, als zehn von Gott gesandte Boten gutmachen können.
Wir wollen mit diesem Schreiben den Missionsgeist nicht dämpfen, sondern unser Ziel ist, liebe Seelen vor Satans List zu warnen und Gottes Werk so viel es durch Gottes Gnade in unserer Macht liegt, vor dem Betrug des bösen Feindes zu schützen. Der Beweggrund eines Gesandten Gottes muss die Liebe zu Gott und seinem Werk sein; die Liebe Christi muss ihn drängen (2.Kor. 5:14). Wenn Ehrgeiz, Gewinnsucht oder sonst ein anderer Motiv zu Grunde liegt, so ist klar zu ersehen, dass die Sendung nicht von Gott ist. Die Verantwortung, die auf einem Prediger ruht, ist groß. Darum prüfe sich ein jeglicher recht, ob die wahre, allem entsagende Liebe zu Gott der Beweggrund ist, der ihn treibt, dem Herrn in seinem Werk zu dienen.
Möge der Herr sein Werk fördern, vor allem falschen Wesen und blinden Eifer bewahren und mehr tüchtige, fähige Männer und Frauen in seinen großen Weinberg senden. Das ist unser Gebet. Amen.

W. Ebel